Newsletter August 2016
Mauscheln und Irren die Zweite
Sicherlich erinnert sich der ein oder andere an das verwirrende Gehabe des Ministerpräsidenten im Prozess der Affäre um die Geheimabsprachen zwischen Grünen und CDU. Nun legt die Landesregierung mit erneuter Mauschelei nach. Man hatte gehofft, dass die Herren Kretschmann und Strobl, nach einem so großen, medialen Aufsehen, darum bemüht wären, Transparenz walten zu lassen. Doch dem ist nicht so. Erneut ist eine geheime Nebenabrede ans Licht gelangt, diesmal sogar noch geheimer. Nur noch vier Unterzeichner enthält der nächste Grün-Schwarze Geheimvertrag. Dieser beinhaltet, dass die Landesregierung den Abbau von 5000 Stellen plant. Öffentlich rühmt sie sich im Gegenzug damit, 1500 neue Polizeistellen zu schaffen. Im Übrigen wurde von Grün-Rot zuvor in hohem Maße an der Polizei gespart. Das habe ich bereits in der vergangenen Legislatur harsch kritisiert. Darüber hinaus wurden innerhalb der Regierungsparteien hochdotierte Ämter geschaffen, obwohl durch die Geheimabsprachen andernorts hart am Personal gestrichen werden soll. Doppelmoral und Selbstbedienungsmentalität nach Gutsherrenart.
Aber nicht nur der Abbau von Beamten, die gerade in Zeiten, in denen der Staat Präsenz und Handlungsfähigkeit zeigen muss, unabdingbar sind, schürt das Unverständnis für die politischen Entscheidungen von Kretschmann und Strobl. Vielleicht wird jetzt vielen Bürgern, nachdem Transparenz durch die Öffentlichkeit und die Opposition geschaffen wird, klar, dass der Ministerpräsident Baden-Württembergs nicht der liebenswürdige, ältere Herr von Nebenan ist, der er gerne vorgibt zu sein. Sondern viel eher ein Politiker, der sein wahres Antlitz zeigt, wenn Journalisten zu beharrlich in ihren Fragestellungen sind, der seine Koalitionspartner fallen lässt, wenn sie ihm unlieb werden und auch die Öffentlichkeit an der Nase herumführt, wenn es ungemütlich für ihn und seine Regierung wird. Innenminister Strobl bleibt dabei gewohnt auffällig unauffällig. Man könnte auch sagen: Er stört nicht besonders beim Regieren. Bei starken Niederschlägen Anfang Juni in Königsbach-Stein, die einen ganzen Ortsteil unter Hochwasser setzten, ließ sich Herr Strobl erst einmal schriftlich bitten, bevor die geplagten Menschen vor Ort Unterstützung durch die Landesregierung erhielten. Tage später traf er dann gummibesohlt im Schlepptau des Ministerpräsidenten in Braunsbach ein, wo die Unwetter am meisten gewütet hatten. Strobl lief mit und er lief hinterher. Sinnbildlich für die ersten 100 Tage der 16. Legislaturperiode.
100 Tage Grün-Schwarz – Keine Erfolgsgeschichte
Dieses Bild eines unauffälligen und schwachen CDU-Innenminister Strobl, gepaart mit einem mauschelnden Regierungschef Kretschmann, sowie einer unsäglichen Finanzpolitik, die die Unternehmer und Menschen mit einer geplanten Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf 6,5% unnötig belastet, sowie dem Streichen von insgesamt 5000 Stellen bis 2020, zeugt nicht von Stil.
„Regieren ist eine Stilfrage“ dieser Slogan konnte während des Landtagswahlkampfs tagtäglich auf den Plakaten des Ministerpräsidenten gelesen werden, die im ganzen Land die Straße säumten. Er hat ihn ad absurdum geführt. Wer sich selbst so hohe moralische Ansprüche auferlegt, sollte diese auch konsequent vollziehen. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte man die Größe haben, seinen Regierungsstil als gescheitert anzuerkennen und Folgen daraus ziehen, um dem betrauten Amt nicht weiter zu schaden. Im Allgemeinen scheint es, als trauen sich Schwarze und Grüne ohnehin nicht mehr über den Weg. Nicht einmal die beiden Fraktionen ihrer eigenen Regierung.
Alternative Paartherapie
Die Abgeordneten der Alternative für Deutschland sind sich schon seit längerem nicht mehr grün. Grund dafür war Meuthens überfällige Reaktion auf die antisemitischen Äußerungen und Publikationen seines Fraktionskollegen Gedeon. Meuthen trat aus der Fraktion aus, gründete eine neue Fraktion, die Alternative für Baden-Württemberg. Um zu zeigen, dass er zu den Guten gehört. Die Gründung der neuen Fraktion war den Gutachten zufolge, die das Landtagspräsidium anforderte rechtens. Leider, denn die Kosten durch eine weitere Fraktion belasten nicht nur die parlamentarische Arbeit, sondern vor allem auch die Steuerzahler. Eine Rechtsauffassung, die ich nicht teilen kann. Nun, da sich die Alternativen getrennt haben, soll ein Mediator beide wieder zusammenführen und eine Paartherapie für die beiden Alternativen betreiben. Zu Steuerzahlers Lasten. Aus AfD-Kreisen hört man nun, man werde bald wieder zusammenfinden. Wird die Therapie Erfolge vorweisen können? Oder wartet gar schon der nächste Zwist wegen ausländerfeindlichen, antisemitischen und verfassungsfeindlichen Aussagen, der die Arbeit der Abgeordneten erschwert und dem Wohl des Landes nicht zuträglich ist?
Das Sommerloch-GroKodil
Eine Paartherapie könnte auch den beiden schwarzen Schwesterparteien auf Bundesebene nicht schaden. Ziemlich verhaltene Reaktionen gibt es da aus Bayern auf die Vorstöße der CDU, Mutti möge doch eine vierte Amtszeit dran hängen. Bei nur noch 42 % Zustimmung für eine weitere Amtszeit unter der Bevölkerung und dem Unwillen derselben, das phlegmatisch wiederkehrende „Wir schaffen das“ zu akzeptieren, erscheint das nur allzu verständlich. Das nächste Jahr wird zeigen, inwieweit die größtenteils träge vor sich hin plätschernde Umverteilungspolitik der Großkoalitionäre sich in weiteren Umfragetiefs niederschlägt. Mindestens ebenso wahrscheinlich erscheint jedoch, dass Schwarze wie vor jeder Wahl ihre Lust auf Steuererleichterungen wieder finden, die dann die nächsten Jahre doch nicht gemacht werden können und die Roten ein paar hundert Milliarden Euro in Renten investieren wollen, woher auch immer das Geld dafür kommen möge. Im Sommerloch zeigen sich CDU und SPD sogar noch träger als sonst. Anders kann man sich den Zeitpunkt der Veröffentlichung der „Konzeption zivile Verteidigung“ nicht erklären, in der die Bundesregierung zu Hamsterkäufen rät. Im ein oder anderen einschlägigen Fachhandel sollen die possierlichen Tierchen bereits ausverkauft sein…
Liberaler Trauerfall
Nach Guido Westerwelle und Hans-Dietrich Genscher wird im August mit Walter Scheel bereits der dritte bedeutende Außenpolitiker der Liberalen binnen Jahresfrist zu Grabe getragen. Walter Scheel ist zusammen mit Willy Brandt der Grundsteinleger der Deutschen Einheit gewesen, indem er in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Entspannungspolitik zur Sowjetunion als Außenminister und Vizekanzler ganz entscheidend mitprägte. Wenn man so möchte hat er das angestoßen, was Hans-Dietrich Genscher vollendete und Guido Westerwelle zu bewahren suchte. Ein Europa, das sich nicht in nationalstaatlichem Klein-Klein zerharkte, Frieden als oberstes Ziel auswies und wirtschaftliche sowie personelle Freizügigkeit als Grundlage für Frieden und Wohlstand sah. Angesichts des europaweiten Rechtsrucks sollten sich einige Zeitgenossen mein liebstes Scheel-Zitat wieder in Erinnerung rufen: „Opas Europa ist tot.“ Möge Walter Scheel in Frieden ruhen und hoch auf dem gelben Wagen nicht sehen, wie Opas Enkel das Europa, das Scheel mit erschaffen hat, zu Grabe tragen.
Herzlichen Glückwunsch, lieber Janis
Bevor ich Ihnen an dieser Stelle die August-Geschehnisse in der Pforzheimer Kommunalpolitik kommentiere, möchte ich zunächst einen Glückwunsch los werden. Am 30. Juli wurde mein Fraktionskollege im Pforzheimer Gemeinderat Janis Wiskandt von der Kreismitgliederversammlung einstimmig zum Bundestagskandidaten 2017 für Pforzheim und den Enzkreis gewählt. Ich bin mir sicher, dass er einen tollen Wahlkampf hinlegen und die FDP würdig repräsentieren wird. Herzlichen Glückwunsch, lieber Janis! Meine Unterstützung sei dir sicher!
Der Pleitegeier kreist
Weniger erfreulich als die Kandidatur des jüngsten Stadtrats meiner Fraktion ist ein Blick auf die Pforzheimer Stadtfinanzen. Die sehen nicht besonders rosig aus. Das tun sie leider schon eine ganze Weile nicht und sie verschlechtern sich obendrein stetig. Der Schuldenstand steigt beständig, der Liquiditätsstand sinkt und wird schon bald die schwarze Null reißen. Meine Fraktion und ich monieren bereits seit geraumer Zeit die desolate Haushaltslage und fordern entsprechende Kurskorrekturen an der Finanz- und Ausgabenpolitik der Stadt. Die Konsequenzen aus einer solchen Haushaltslage müssten eigentlich sein, die Stadt strukturell besser aufzustellen. Leider sieht das außer meiner Fraktion und dem stets mahnenden Kämmerer anscheinend niemand, der regelmäßig auf den roten Sesseln im Pforzheimer Raatssaal Platz nimmt. Anders sind die unverantwortlichen Beschlüsse des Oberbürgermeisters und seiner schwarz-rot-grünen Abnicker im Gemeinderat nicht zu verstehen. Seit Jahren fehlt es an strukturellen Weichenstellungen, Unternehmen werden vergrault, Gewerbeflächen nicht zügig genug entwickelt und von der Steuerschraube kann der OB auch nicht lassen. Allesamt keine guten Zeichen für die Stadt. Deshalb wurden wir im August gleich drei Mal bezüglich der Stadtfinanzen tätig.
Zunächst wurde von uns beantragt, der frisch gewählte Erste Bürgermeister solle die Finanzen ab dem kommenden Jahr übernehmen. Eigentlich wollten wir die Stelle gar nicht besetzt wissen, nachdem nun aber die Pforzheimer Koalitionäre Herrn Büscher für acht Jahre ins Amt gehieft haben, gilt es, ihm auch Aufgaben zu geben. Am besten bietet sich dafür die Stadtkämmerei an. Schließlich ist Pforzheim die einzige baden-württembergische Großstadt in der der OB gleichzeitig die Finanzen verwaltet. Dass Herr Hager das nicht gut macht, sieht man nicht nur an den Pforzheimer Schulden, er hat auch noch keinen einzigen Haushalt auf den ersten Anlauf durchbekommen. Höchste Zeit also, dass er die Finanzen abgibt.
Ein zweiter Antrag soll die Stadtfinanzen über den Verkauf eines städtischen Grundstücks entlasten, das nicht mehr benötigt wird. Das Areal um die Gaststätte „Neue Weiche“ sollte einem Hotel und dem Neubau eines Krankenkassengebäudes weichen. Nachdem sich diese Pläne im Frühjahr diesen Jahres zerschlagen haben, kann das Geld nun bestens zur Haushaltskonsolidierung verwendet werden, sofern der Antrag eine Mehrheit findet.
Transparenz bitte
Ein weiterer Antrag hat des Oberbürgermeisters geplantes Denkmal zum Inhalt – die „Innenstadtentwicklung Ost“. Hier haben wir beantragt, dass die bisherigen Kosten offen gelegt werden. Das Besondere daran: Meine Fraktion braucht keine Ratsmehrheit dafür. Der im Dezember letzten Jahres reformierten Gemeindeordnung sei Dank, die die Hürden, eine gemeinderätliche Unterrichtung zu verlangen auf ein Niveau gesenkt hat, die uns genau das erlaubt. Man darf gespannt sein, wie teuer die Planungen für das Prestigeprojekt bislang waren und wie die Bevölkerung reagiert, wenn der Oberbürgermeister die Kosten dafür verkündet. Sollte es den Bürgern nicht gefallen, wie teuer der Prestigebau wird, könnte ein Bürgerbegehren in Frage kommen. Die erforderlichen Quoren dafür wurden jedenfalls mit der Reform der Gemeindeordnung ebenfalls gesenkt….
Ihr Hans-Ulrich Rülke