Newsletter August 2020
Sehr geehrte Bekannte, Freunde und Mitglieder der FDP,
der August ist traditionell der Monat, in dem vermeintliche Krokodile in Baggerseen und entlaufene Kühe die Gazetten füllen. Die Parlamente haben Sommerpause, viele Menschen sind im Urlaub. Auch ich habe etwas Urlaub gemacht und diesen gerecht in eine Woche Bodensee und eine Woche Schwarzwald aufgeteilt. Nichtsdestotrotz wird auch im August Politik gemacht und so habe ich mit meinem Abgeordnetenkollegen Daniel Karrais unser Forderungspapier „Digitaloffensive für Baden-Württemberg“ vorgestellt. Es müssen in diesem Bereich nicht erst seit Corona endlich Taten folgen. Seit Beginn dieser Legislaturperiode wird Innenminister Thomas Strobl nicht müde anzukündigen, er wolle bis zum Jahr 2021 auch den letzten Schwarzwaldhof an das schnelle Internet angeschlossen haben. Zur Mitte der Legislaturperiode hat er dieses Ziel relativieren müssen. Der Lockdown der Corona-Pandemie hat wie ein Brennglas deutlich die Defizite der digitalen Infrastruktur aufgezeigt. Diese Defizite offenbaren den Rückstand des Landes in einer internetbasierten globalisierten Welt. Auch in Schulen und Verwaltungen zeigte sich, dass das Land in der Digitalisierung viel Nachholbedarf hat. Daher fordern wir einen Durchbruch bei der digitalen Infrastruktur und Ausstattung, für den wir eine weitere Milliarde Euro investieren wollen. Unser Vorschlag zur Gegenfinanzierung der standortsichernden, zukunftsweisenden und dringend überfälligen Investitionen in die Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur sowie in weitere Projekte, die mit dem steigenden Breitbandbedarf einhergehen, sind die Mittel der Baden-Württemberg Stiftung. Entnimmt man der Baden-Württemberg Stiftung eine Milliarde, rund die Hälfte ihres Stiftungsvermögens, so stünden für den flächendeckenden Ausbau der digitalen Infrastruktur insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Mit diesem finanziellen Rückenwind ist es machbar, den Anschluss an den Rest Europas und der Welt in Sachen Digitalisierung zu finden. Wir brauchen ein klares Infrastrukturziel: ‚Flächendeckendes Glasfasernetz‘, also Glasfaser bis in jedes Gebäude. Dazu müssen Breitband und Mobilfunk zwingend gemeinsam gedacht werden und nicht wie bisher getrennt im Innen- und Wirtschaftsministerium. Wir werden den Herausforderungen der bereits laufenden digitalen Transformation nur gerecht, wenn wir den politischen Gestaltungsrahmen verändern und diesen wichtigen Zukunftsbereich in die klare Zuständigkeit eines Ministeriums legen. Deshalb untermauern wir unsere Forderung nach einem Digitalisierungsministerium, das ein Kompetenzzentrum mit klarer politischer Verantwortung ist.
Wie sehr die politische Arbeit bei der Grün-Schwarzen Landesregierung krankt, zeigt sich nicht nur beim Thema Digitalisierung. Permanente Streitigkeiten zeichnen ein Bild tief zerrütteter Gräben, die von der Regierung oft genug mit einem Haufen Geld der Steuerzahler zugeschüttet werden, sich aber immer wieder neu auftun. Gleich drei exemplarische Beispiele haben die letzten vier Wochen geliefert. Da gab es in bester Sommerlochmanier einen Streit darüber, wie es um den Rassismusgehalt beim Kinderbuchklassiker „Jim Knopf“, eines der hervorragenden Werke Michael Endes, stehe. Ein nächster Zankapfel zwischen Schwarzen und Grünen, der bereits zuvor über die ausufernde Verwendung des Gendersternchens skurrile Blüten getrieben hatte. Mein persönliches Highlight Grün-Schwarzer August-Groteske ist aber der Zoff um das Verbot von Schottergärten und der Frage, inwieweit diese bienenfreundlich rückgebaut werden müssen. Die Landesregierung nämlich verkauft das Schottergartenverbot als die Lösung im Kampf gegen das Artensterben, obwohl sie nicht einmal weiß, wie viele es davon im Land gibt. Das Vorgehen der Landesregierung ist dabei völlig planlos. Der grün-schwarze Rosenkrieg, den Umweltminister Untersteller und Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut seit Monaten über die Auslegung des von ihnen selbst beschlossenen Verbots von Schottergärten für bereits angelegte Altbestände bieten, ist offenbar nicht schon bizarr genug. Nun bringt unsere diesbezügliche Kleine Anfrage (Drucksache 16/8611) auch noch ans Licht, dass Grün-Schwarz nicht einmal weiß, wie viele Schottergärten es im Land überhaupt gibt. Trotzdem verkauft die Landesregierung das Schottergartenverbot als die Lösung im Kampf gegen das Artensterben. Das ist Aktionismus im Blindflug. Auf unsere Frage, wie sich nach Auffassung der beiden Ministerien die rechtliche Situation für bereits bestehende Schottergärten in Privateigentum darstelle, erhielten wir die Antwort: ‚Es handelt sich um eine Rechtsfrage, die abschließend nur durch eine gerichtliche Entscheidung geklärt werden könnte.‘ Das heißt im Klartext, dass sich die Ministerien nicht mal die Mühe gemacht haben, zu überprüfen, ob die bisherigen Rechtsvorgaben in der Praxis vielleicht ausgereicht hätten. Stattdessen setzte man einen Kurs mit vollen Segeln und rechtlich offenen Fragen an Bord. Nun bürden Umweltminister Untersteller und Wirtschaftsministerin Hoffmeister Kraut ihren Rosenkrieg auch noch den Juristen auf. Selbst die Verantwortung, die Bürger ausreichend über die Gesetzesänderung und das Schottergartenverbot zu informieren, schiebt die Regierung auf die Medien ab: (‚große mediale Aufmerksamkeit‘) und schlussfolgert: ‚Es ist daher davon auszugehen, dass das Schottergartenverbot in der Öffentlichkeit bereits hinreichend bekannt ist.‘ Professionelles Regierungshandeln sieht anders aus, das Land setzt lieber auf die missgünstige Nachbarschaftsüberwachung. Umweltminister Untersteller und Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut täten gut daran, wenn sie die Gartengestaltung lieber der Eigenverantwortung der Bürger überlassen und sich stattdessen um Themen wie die Rettung der Arbeitsplätze, die Transformation der Automobilindustrie, die Herausforderungen der Digitalisierung oder schlicht der Ermöglichung wirksamen Artenschutzes in unserer Industriegesellschaft kümmern würden!
Wie es darum in den Pforzheimer Wäldern steht, werde ich mir am kommenden Samstag gemeinsam mit der Friedrich-Naumann-Stiftung und Christoph Hoffmann MdB, dem einzigen Förster im Deutschen Bundestag beim Pforzheimer Wildpark anschauen. Die Flächen im Höhenstadtteil Büchenbronn, für deren rasche Aufforstung ich mit meinen damaligen Fraktionskollegen von der FDP/FW-Fraktion im Jahr 2017 gesorgt habe, habe ich mir bereits angeschaut. Die Buche, die wir damals gepflanzt haben, hat sich recht buschig entwickelt, wohl zurückzuführen auf den ein oder anderen hungrigen Waldbewohner, wenngleich sich in diesem Jahr ein Wespennest dort angesiedelt hat, an das sich wohl nur wenige Rehe trauen werden. Die übrigen vielen hundert gepflanzten Bäumchen wachsen in Plastikröhren eingehaust vor sich hin. Man sieht, dass noch viele Jahre, eher Jahrzehnte ins Land ziehen werden, bis dort wieder ähnlich stattliche Bäume stehen wie jene, die voreilig von Windkraftbefürwortern gerodet wurden. All das, trotz evidenter Beweise für eine vitale und streng geschützte Rotmilanpopulation, deren Brutpaare die Windräder mitten im Wald letztendlich verhindert haben. Ich halte es für falsch, im windschwächsten Bundesland großflächig auf Windenergie zu setzen und dafür viele Kompromisse im Naturschutz einzugehen. Besser wäre es auf die jeweils lokalen Ressourcen wie Wind an den Küsten und die andalusische Sonne im Süden Spaniens zuzugreifen und ein europäisches Energienetz aufzubauen, dass den Klima- und Naturschutz mit der Ökonomie vereint. Gerne mit einer ordentlichen Portion baden-württembergischen Know-Hows und einiger finanzieller Anstrengungen.
Ihnen allen wünsche ich einen angenehmen September, allseits gute Gesundheit und verbleibe
mit herzlichen Grüßen
Ihr Hans-Ulrich Rülke