Newsletter Dezember 2018
Sehr geehrte Bekannte, Freunde und Mitglieder der FDP,
das Jahr 2018 neigt sich dem Ende und der ein oder andere lange Winterschatten lugt bereits ins Jahr 2019. Die drohende weitere Eskalation des Handelsstreits zwischen den irren Tweets aus dem Weißen Haus und den Chinesen sowie insbesondere der für das Frühjahr anvisierte Brexit trüben die konjunkturelle Lage. Der DAX hat binnen Jahresfrist fast 20 Prozent verloren, die Zeiten waren schon optimistischer. Katalysiert wird diese Trübung von denjenigen, die über das Schüren irrationaler Ängste und den Tabubruch den Pessimismus kultivieren. Die gleichen Zündler, die für das Brexit-Chaos verantwortlich sind treiben auch hierzulande ihr Unwesen und legen Säge und Feile an die Grundfesten der Demokratie wie wir sie kennen.
Polizei im Landtag
Der Politologe Ernst Fraenkel hat Mitte des letzten Jahrhunderts ganz treffend analysiert, eine funktionierende pluralistisch geprägte Demokratie brauche einen großen nicht-konfliktiven und einen recht kleinen konfliktiven Sektor. Der nicht-konfliktive Sektor bestehe aus den Grundüberlegungen wie wir zusammenleben möchten, gewissermaßen den Spielregeln an die wir uns alle halten. Unsere Verfassung ist so ein Regelwerk, an dem es nicht zu rütteln, höchstens zu optimieren gilt. Der konfliktive Sektor stellt dabei die Arena, in der wir die Feinjustierungen unseres Zusammenlebens regeln. Die Arena, in der leidenschaftlich darum gerungen werden darf und soll, etwa in welchem Maße sich staatliche Institutionen am Einkommen der Bürger laben oder ob es ein generelles Tempolimit auf Autobahnen geben sollte. In diesem konfliktiven Sektor bewegen sich in Deutschland alle demokratischen Parteien, völlig ohne den nicht-konfliktiven Sektor auch nur im Ansatz in Rede zu stellen. Ich streite mich beispielsweise gerne und heftig mit meinem Grünen Fraktionsvorsitzendenkollegen Andreas Schwarz im Plenum, weil wir grundverschiedene Auffassungen haben, etwa was das Diesel-Fahren oder nächtliches Angelvergnügen betrifft. Er verteidigt die ab 1. Januar geltenden Diesel-Fahrverbote für Euro-4 -Diesel in Stuttgart, ich lehne diese vehement ab. Ich finde, auch nachts sollte geangelt werden dürfen, er nicht. Dabei steht aber völlig außer Frage, dass wir die vereinbarten Regeln akzeptieren und einhalten, wie in einer Demokratie um Positionen gerungen werden darf und was nicht in Frage gestellt wird. Außerhalb dieser Arena begegnen wir uns in respektvollem Einvernehmen darüber, dass wir für eine weltoffene, liberale Demokratie mit elementaren Rechten für jedermann kämpfen, aber eben jeder innerhalb dieser Rechte ein politisches Spektrum vertritt, für dessen Überzeugungen er einsteht.
Wer diese Regeln aber ganz offensichtlich kippen möchte, ist die Partei, die traurigerweise seit diesem Jahr erstmals in allen Landtagen sowie dem Bundestag sitzt und mit ihr eine Reihe trauriger Gestalten, wie etwa Stefan Räpple, dem nachgesagt wird, einen eigenen Fraktionskollegen verprügelt zu haben und der gerne an der Seite von hitlergrußzeigenden Neonazis durch Chemnitz marschiert. Jener Räpple hat für einen Vorgang gesorgt, der diesen nicht-konfliktiven Sektor geltender demokratischer Spielregeln massiv verletzt hat. In Richtung der SPD hat er deren Jugendorganisation als „rote Terroristen“ beschimpft und sich nach mehreren Ordnungsrufen durch die Landtagspräsidentin solange dem Rauswurf widersetzt, bis die Polizei kam, ein bislang einmaliger Vorgang. Dabei würde ich den Vergleich, den ich angesichts seines Zwischenrufs gewählt habe und weswegen er so in Rage geriet, jederzeit wieder verwenden. Die Vorgänger der Abgeordneten nämlich, denen Räpples Zwischenruf galt, saßen vor achtzig Jahren im KZ, weil sie gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt hatten und die geistigen Vorläufer von Leuten wie Herrn Räpple sind im Stechschritt durchs Brandenburger Tor marschiert. Das habe ich gesagt und dazu stehe ich. Wenn ich ein Zebra sehe, dann werde ich auch weiterhin sagen: Dieses Tier ist gestreift.
Man hätte es vor ein paar Jahren noch nicht für möglich gehalten, wieder einmal die liberale Demokratie verteidigen zu müssen, nun ist es aber so. An diesem Tage wurden nämlich gar gleich zwei Gestalten mit AfD-Parteibuch von der Polizei aus dem Saal begleitet. Der zweite heißt Wolfgang Gedeon, ist ein überzeugter Antisemit und hat ebenfalls während seiner Tirade am Pult so lange Ordnungsrufe der Landtagspräsidentin ignoriert, bis er hinaus geworfen wurde. Sein finaler Satz war, so könne die Präsidentin ein Parlament in Anatolien führen, aber nicht in Deutschland. Ein klarer Angriff auf die Herkunft von Parlamentspräsidentin Aras, der schon zuvor von anderen AfDlern das Recht auf Erinnerungskultur abgesprochen worden war oder der schlicht unterstellt wurde, jemand wie sie könne sich niemals integrieren. Derartige Anwürfe sind so erschreckend wie ekelhaft, bedienen sie doch auf die gleiche Art und Weise dieselben Ressentiments, die wir schon kennen. Wir gegen die. Rasse. Volkskörper.
Mit Mut ins neue Jahr
Doch gilt es gerade als Liberaler einen halbleeren Becher auch als halbvoll zu betrachten. So erschreckend es ist, zu erleben, dass Antisemitismus und völkisches Denken wieder einen parlamentarischen Arm haben, so kann es auch mit Zuversicht erfüllen, dass sich dessen Ekel gegen eine wundervolle Bildungsgeschichte richtet, wie der von Muhterem Aras, die mit Fleiß, Cleverness und dem Nutzen der Bildungschancen unseres Landes als ehemaliges Einwandererkind nun ein Landesparlament führt. Es kann ebenso mit Zuversicht füllen, dass dem halbleeren Glas, dass der CDU-Bundesparteitag mit Annegret Kramp-Karrenbauer als Schwester im Geiste Angela Merkels serviert hat, das halbvolle Glas entgegen steht, dass der hervorragende Gegenkandidat Friedrich Merz nur hauchdünn verloren hat und den bleiernen Merkel-Jahren damit in weiten Teilen der CDU auch ein ausgeprägter Wunsch nach einer Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft gegenüber steht. Daraus sollten wir Liberale ableiten, auch weiterhin für eine vernünftige Wirtschafts- und Energiepolitik zu kämpfen und nicht zuletzt ein modernes Einwanderungsgesetz. Für eine Fiskal- und Finanzpolitik, die nicht nur ans Verteilen denkt, sondern eben auf das kräftige Börsenminus zeigt und sagt: Seht her! Wir brauchen Polster für schlechte Zeiten und das Rüstzeug, um diese gut zu überstehen.
Haushaltschaos in Pforzheim
Dasselbe gilt übrigens im Kleinen. In Pforzheim hat die gute Konjunktur in den letzten Jahren regelmäßig höhere Bundesausschüttungen zur Folge gehabt, als anfänglich prognostiziert und man hat diese dann verwendet, um Haushaltslöcher zu stopfen und Prestigeprojekte voran zu treiben. So ähnlich auch dieses Jahr, wenngleich auf bisher nicht gekannte Art und Weise.
Einer dreitägigen Haushaltsberatung folgte nämlich ein desolater Knall. Nach offizieller Lesart fiel scheinbar den Verantwortlichen bei den Pforzheimer Stadtwerken kurz nach den Haushaltsberatungen im ersten Dezemberdrittel auf, dass das Geschäft nicht so gut läuft wie es laufen sollte. Daraufhin wurde vom Aufsichtsrat vernünftigerweise beschlossen, keine Gewinnausschüttung vorzunehmen. Wo kein Gewinn, da keine Ausschüttung. Dumm nur, dass eben Tage vorher vom Gemeinderat unter der Annahme, eine Ausschüttung in Höhe von 13 Millionen werde folgen, ein Haushalt durchgearbeitet wurde, der das mangels Information nicht berücksichtigen konnte. Und so fehlten auf einmal für das Jahr 2019 sechseinhalb Millionen Euro und für 2020 auch. Noch in derselben Nacht wurde der Kämmerer losgeschickt, um nach Geld zu suchen. Und siehe da. Einmal am Kässlein gerüttelt und es fielen acht Millionen Euro raus.
Ich neige nicht dazu, mich gerne für dumm verkaufen zu lassen und betrachte es als meine Aufgabe als Abgeordneter und Stadtrat, die Pforzheimer Bürger vor eben jenem zu schützen. Angesichts solcher Vorkommnisse braucht mir deshalb niemand erzählen, man habe keine 2,6 Millionen Euro im Jahr, um die Pforzheimer Bäder zu erhalten, von denen gleich zwei Stück, darunter das innerstädtische Emma-Jäger-Bad am 17. Dezember ihre Pforten schlossen. Bäder, um die ich mit meiner Fraktion lange gekämpft habe, immer unter der Gegenrede des Ex-OBs und der schwarz-rot-grünen Afghanistan-Mehrheit, die Stadt könne sich das nicht leisten. Dem ist nicht so. Wer mir nichts dir nichts acht Millionen Euro finden kann, kann auch 2,6 Millionen Euro im Jahr in die Bäder investieren.
Und wer jahrelang das Märchen erzählt, die Innenstadtentwicklung-Ost koste nichts, aber zig Millionen Euro dafür vorsieht, der hat auch für andere Notwendigkeiten Geld, wenn man darauf verzichtet.
Einige tausend Bürger haben deshalb schon von ihrem Recht Gebrauch gemacht, mittels ihrer Unterschrift einen Bürgerentscheid gegen diesen Unsinn zu erzwingen, einige tausend Unterschriften fehlen allerdings noch. Sie alle sind herzlich eingeladen, Ihre Unterschrift zu einem Bürgerentscheid beizusteuern, sofern Sie in Pforzheim wohnhaft sind, oder falls nicht, zumindest dafür zu werben, es in die Bürgerhand zu legen, ob dieses Prestigeprojekt und dieser Verkehrswahnsinn kommt oder nicht. Jede Stimme zählt!
Das Formular dafür finden Sie hier:
http://www.hans-ulrich-ruelke.de/sitefiles/downloads/1295/Buergerbegehren_InnenstadtOst.pdf
Ebenfalls herzlich eingeladen sind Sie zum Neujahrsempfang der Freien Demokraten am 12. Januar 2019 um 14:00 Uhr im Pforzheimer Bürgerhaus Buckenberg-Haidach. Gastredner wird der Stellvertretende Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und dortige Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Dr. Volker Wissing sein. Auf seinen Vortrag freue ich mich bereits.
Mit den besten Wünschen für das Neue Jahr grüßt Sie
Ihr Hans-Ulrich Rülke