Newsletter Februar 2017
Untersuchungsausschuss Bauer
Der Untersuchungsausschuss über die Zulagenaffäre an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg und der Rolle von Wissenschaftsministerin Bauer hat seine Arbeit aufgenommen. Der Untersuchungsausschuss ist das Mittel unserer Wahl, wenn es um die Aufklärung des jahrelangen Versteckspiels der Wissenschaftsministerin in Sachen Verwaltungshochschule geht. Dort wird der Beamtennachwuchs des Landes ausgebildet, ein besonderes Maß an Vertrauen und Integrität nicht nur von den Studierenden, sondern insbesondere von den Lehrkräften ist hier zwingend erforderlich.
Die Vorfälle bedürfen der Aufklärung, um die Zukunft einer einwandfreien Beamtenausbildung zu sichern. Mit der SPD haben wir einen aufklärungsbereiten Partner für den Untersuchungsausschuss gefunden, dem ebenso daran gelegen ist, die Schatten der Vergangenheit in Ludwigsburg zu erhellen. Die Hochschule braucht endlich Frieden, um arbeitsfähig zu sein. Dies ist Ministerin Bauer in den letzten fünf Jahren offensichtlich nicht geglückt. Mangelnde Aufklärung birgt nun die Gefahr, dass – ähnlich den Dopingskandalen an der Freiburger Universität – der Ruf der Hochschule beschädigt wurde. Es ist bemerkenswert, dass die Regierungsfraktionen diese Auffassung nicht teilen; sie haben dem Untersuchungsausschuss bereits seinen Sinn abgesprochen.
Dass die grünen Parteifreunde wie der Abgeordnete Salomon ihrer vermeintlich glanzvollen Ministerin des Jahres den Rücken stärken, auch wenn der Lack langsam blättert, war absehbar. Erstaunlich ist der Gesinnungswandel der CDU als Regierungsfraktion mit ihrem bedingungslosen Bekenntnis zur Ministerin Bauer. Denn noch in der letzten Legislaturperiode waren es Stimmen aus der CDU-Fraktion, wie etwa die Abgeordnete Kurtz, die neben der FDP lautstark die Aufklärung der Vorfälle forderten. Diese Töne wurden nun in der grün-schwarzen Zweckehe ganz leise, unter der Hörschwelle sozusagen. Die CDU scheint das Interesse an einer tadellosen Aufklärung mit der Regierungsbeteiligung verloren zu haben. Das Interesse an einer tadellosen Pension hat die CDU-Fraktion hingegen zumindest zeitweilig behalten…
Eine Rückkehr zur staatlichen Rente für Abgeordnete kommt für die FDP nicht in Frage – Grün-Schwarz-Rotes Gesetz zur Änderung der Altersversorgung der Abgeordneten hält nur 12 Tage
Entgegen aller Warnungen der FDP wurde am 10. Februar von Grünen, CDU und SPD ein Gesetz zur Änderung der Altersversorgung der Abgeordneten verabschiedet, das auf harsche öffentliche Kritik stieß. Diese Kritik war die logische Konsequenz einer Entscheidung, die aus nachvollziehbaren Gründen keine Akzeptanz in der Bevölkerung finden konnte.
Im Jahr 2008 war im Zuge der damaligen Parlamentsreform die staatliche Altersversorgung von Abgeordneten durch eine private Vorsorge ersetzt worden. Das Modell der privaten Altersversorgung ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits seit langem gängige Praxis und auch für die Abgeordneten des Landtags eine angemessene Lösung, ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Altersversorgung angemessen zu ergänzen. Es war damals richtig, sich dafür zu entscheiden, dass Abgeordnete ebenso privat vorsorgen sollen, wie es von den Bürgern erwartet wird. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Auch fadenscheinige Argumente, man müsse angesichts von schwierigem Zinsumfeld etc. die Altersbezüge der Abgeordneten verbessern, können mich nicht überzeugen. Schließlich haben die Bürger gleichsam damit zu kämpfen. Was die Politik vom Bürger verlangt, sollte eben auch von den Abgeordneten gelebt werden.
Volte rückwärts wäre verzichtbar gewesen – Position der FDP-Fraktion setzt sich durch
Die öffentliche Empörung über die von CDU, Grünen und SPD angestrebte Altersversorgung sorgte dafür, dass sich die Position der FDP-Fraktion schließlich durchsetzte. Am 08. März tritt der Landtag erneut zusammen und wird die Volte rückwärts finalisieren. Das „Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes“ steht dann auf der Tagesordnung des Landtags und die Pensionsregelung wird rückgängig gemacht. Ich bin erleichtert, dass nun unter allen Fraktionen der Konsens besteht, nicht zu einer staatlichen Altersversorgung für Abgeordnete zurückzukehren. Genau das hatten wir gefordert. Und so könnte es ruhig öfter laufen: Ein Gesetz wird beschlossen, von der FDP kritisiert, und steht kurz darauf zur Rückabwicklung wieder auf der Tagesordnung.
Ministerpräsident Kretschmann unternahm indessen den Versuch sich jeglicher Verantwortung zu entziehen, was diese Entscheidung betrifft. Aufgrund einer krankheitsbedingten Abwesenheit habe er nichts über die Pläne seiner Fraktion erfahren, zur staatlichen Altersversorgung zurückzukehren.
Das erinnert ein bisschen an die Geschichten, die Schüler gerne erzählen, wenn sie die Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Mein Name ist Kretschmann, ich weiß von nichts
Kretschmann verstehe den Unmut der Bürger und habe Verständnis für die Kritik aus der Bevölkerung, habe aber von der Entscheidung nichts gewusst. Aha. Ein Regierungschef, der nicht weiß, was seine eigene Fraktion beschließt? Das ist wenig glaubhaft. Die Wahrscheinlichkeit hingegen, dass Kretschmann davon Bescheid wusste, aber seinen Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz als Prellbock in der Öffentlichkeit stehen ließ, um sich unbeschadet aus der Verantwortung zu ziehen, ist in meinen Augen hoch. Soviel zum Thema Regierungsstil.
Seine eigene Unwissenheit zu bekunden, obschon es um ein Thema von solcher Relevanz geht, zeugt auch davon, wieviel Gutgläubigkeit der Ministerpräsident der Bevölkerung unterstellt. „Regieren ist eine Stilfrage“. Richtig, Herr Ministerpräsident. Dieser Wahlplakatslogan sollte aber auch mit Taten gefüllt werden. So zu tun, als wüsste man von nichts, während den eigenen Fraktionsmitgliedern der Wind um die Ohren pfeift, zeugt vom Gegenteil. Zeitgleich lobt der Grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz seine eigene Fähigkeit zur Einsicht und erklärt, dass die Kritik aus dem Volk angekommen sei. Fast schon süffisant fügt er hinzu, dass dies im Sinne der Politik des Gehörtwerdens ein starker Schritt sei. Hätten sie nur mal vorher gehört.
Meuthen der Unbelehrbare
Über Björn Höckes Aussagen braucht man sich nicht streiten, so eindeutig rechtsradikal, wie diese sind. Über den Rechtsdrall von Jörg Meuthen auch nicht mehr, so eindeutig tritt dieser Tag für Tag deutlicher in Erscheinung. Meuthen hatte sich bekanntlich erst nach langem, öffentlichem Druck von den Aussagen seines damaligen Fraktionskollegen Gedeon und später auch von ihm als Person distanziert. Damals führten die Aussagen und antisemitischen Schriften Gedeons schließlich zum Fraktionsausschluss und zur Spaltung der AfD-Fraktion im Landtag.
Die Unterzeichnung einer Präambel zur Abgrenzung von Antisemitismus und Rassismus sollte nach den aufsehenerregenden Ereignissen das saubere Bild nach außen wiederherstellen und den Schaden, den der Aufruhr um die Person Gedeon erzeugt hatte, so schnell wie möglich wieder beheben. Erst nach der schriftlichen Erklärung aller ehemaligen Mitglieder sei man wieder als Fraktion bereit gewesen, zu fusionieren. So erklärte Meuthen den Wiederzusammenschluss damals.
Doch Meuthen hat gelogen. Wie sich nun zeigt, verweigert der Abgeordnete Räpple sich bis heute der Unterschrift der Präambel. Räpple, der bereits mit unpässlichen Volksverräter-Rufen im Landtag auffiel und sich mit seinem elf Jahre jüngeren Fraktionskollegen Stefan Herre geprügelt haben soll, will sich also nicht von Judenhass und Rassismus distanzieren. Binnen mehrerer Tage hat Meuthen sogar doppelt gelogen. Als ich ihn im Plenum danach gefragt habe, ob seine Fraktion denn alle Landesmittel zurückgezahlt habe, die die unsägliche Posse um die Fraktionsspaltung gekostet hat, bejahte er dies. Wieder falsch. Ohne Scham und ohne rot zu werden.
Das Alternative Kuriositätenkabinett ging im Februar aber noch weiter. Vor kurzem wurde besagter Räpple von seiner Fraktion für den Beirat für die Vergabe der Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Auszeichnung vorgeschlagen. Mit der Medaille zeichnen der Landtag und die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg herausragendes Engagement gegen Minderheitenfeindlichkeit und Vorurteile aus. Die Nominierung Räpples wurde schließlich doch noch von der Fraktion zurückgezogen. Spät, aber trotzdem rechtzeitig genug, um die blanke Unfähigkeit zur Schau zu stellen, die dort herrscht. Räpple gehört ausgeschlossen und nicht für offizielle Funktionen vorgeschlagen. Welch absurde Vorstellung: Ein Antisemiten-Verteidiger als Mitglied im Beirat zum Verleih einer nach einem Juden benannten Medaille, die Engagement gegen Minderheitenfeindlichkeit auszeichnet.
Peter Boch stellt sich vor
Im Februar gab es in Pforzheim neben der obligatorischen Instrumentalisierung des Jahrestags der Pforzheimer Zerstörung durch braune Gesellen und den eigens dafür angereisten Krawalltouristen der Gegenseite zwei Dinge, die ich hervorheben möchte: eine persönliche Vorstellung und einen Gemeinderatsbeschluss.
Am 20. Februar hat sich der CDU-Herausforderer von Amtsinhaber Hager für das Pforzheimer Oberbürgermeisteramt, Peter Boch, im Ratskeller der FDP, den Freien Wählern und einigen Interessierten vorgestellt. Gut anderthalb Stunden lang hat Herr Boch referiert und geduldig jede Frage des Publikums beantwortet. Das hat er so gut gemacht, dass im Anschluss an die öffentliche Kreismitgliederversammlung von der Pforzheimer FDP das einstimmige Votum gefasst wurde, ihn als Oberbürgermeisterkandidaten zu unterstützen. Herzlichen Glückwunsch dazu!
Pforzheimer Kindergarten
Zum anderen wurde ein viel beachteter und umrungener Beschluss gefällt, der die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung ab März um 7,5 % erhöht. Die ursprüngliche Idee – von Oberbürgermeister Hager, CDU, SPD und Grüner Liste bereits letzten Sommer beschlossen – war es, die Elternbeiträge um satte 15 % zu erhöhen. Durch den emsigen Widerstand der Elternschaft, insbesondere durch deren Beiräte, konnte mit den Stimmen meiner Fraktion die Erhöhung halbiert werden. Abgesehen vom Inhalt des Beschlusses war das Zustandekommen desselben interessant und ein Paradebeispiel dafür, wie OB Hager sein Amt führt.
In seiner 307-Punkte Giftliste aus dem vergangenen Juni hatte er die 15 % Erhöhung veranschlagt. Die CDU-Fraktion hatte unter anderem zähneknirschend Steuererhöhungen zugestimmt, solange auch die anderen Anstrengungen nicht aufgeweicht werden. Daran wurde von den Schwarzen auch die Zustimmung zum Haushalt geknüpft. Den hat Hager aber im ersten Anlauf nicht durchbekommen, weil die Grüne Liste nicht mitmachen wollte. Und was macht ein cleverer OB dann? Er kauft sich einfach Stimmen ein. So geschehen bei einer Versammlung der Unabhängigen Bürger, als es auf einmal von Seiten des OBs hieß, eine Erhöhung um nur 10 % sei auch möglich. Das hat die beiden Stadträte der Unabhängigen Bürger dann veranlasst, Hagers Haushalt zuzustimmen und ihm damit zur Mehrheit zu verhelfen. Soweit, so gut. Mehrheiten braucht man schließlich in der Demokratie.
Mit Taschenspielertricks zur Haushaltsmehrheit
Über die Art und Weise darf man sich dennoch wundern. Die CDU will nur zustimmen, wenn alles umgesetzt wird und der Oberbürgermeister verspricht anderen Leuten, dass eben das nicht geschieht? Gut, dass ich kein CDU-Stadtrat bin. Ich hätte mich ganz schön hintergangen gefühlt. Auch gut, dass ich nicht Sozialbürgermeisterin bin. Die durfte das 10 Prozent-Versprechen nämlich in ihrem Ausschuss verdutzt zur Kenntnis nehmen, als sie von den Unabhängigen Bürgern darauf angesprochen wurde. Für seine Wahlkampfplakate kann sich Herr Hager vielleicht beim Ministerpräsidenten bedienen. Der hatte bekanntlich „Regieren ist eine Stilfrage“ plakatiert und anschließend Nebenabreden getroffen. Wie wär’s denn mit „Regieren ist eine Taschenspielfrage“?
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hans-Ulrich Rülke