Newsletter Februar 2018
durch den Vorschlag unseres Bundesvorsitzenden Christian Lindner wurde ich Mitte des Monats in meiner neuen Funktion als Vorsitzender der FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz, in das Bundespräsidium der FDP gewählt. Zukünftig werde ich nun die FDP-Fraktionen im Bundespräsidium sowie im Bundesvorstand vertreten. Über diese neue Herausforderung und das Vertrauen meiner Parteifreunde freue ich mich sehr.
GroKo, die Dritte?
Große Aufmerksamkeit zog diesen Monat die langerwartete Bildung der Bundesregierung auf sich. Die Koalitionsgespräche zwischen der CDU, der CSU und der SPD wurden abgeschlossen, ein Koalitionsvertrag steht. Die Sozialdemokraten haben offensichtlich gut verhandelt, wichtige Ämter wurden an den linken Koalitionspartner vergeben. Neben ganzen sechs Ministerien für die SPD lassen sich 70% des Koalitionsvertrages auf SPD-Programm zurückführen, zeigt eine Analyse des Vertragswerks durch Künstliche Intelligenz. Die Bundeskanzlerin macht also genau so weiter, wie sie bisher gearbeitet hat. Ihr einziges Ziel wurde mit dem Verhandlungsergebnis schließlich erreicht: Sie bleibt Kanzlerin. Und das ‚weiter so‘ zeigt sich nicht nur in der Übernahme der sozialdemokratischen Positionen, sie bleibt dem auch in ihrer Personalwahl treu. Jens Spahn, einer ihrer schärfsten Kritiker, ist nun designierter Gesundheitsminister und in die Kabinettsdisziplin eingebunden. Glänzen kann man auf diesem Feld aber eher nicht. Außer Spahn hat Merkel sich ausschließlich mit treuen Vasallen umgeben, denen sie einen weiteren hinzugefügt hat. Annegret Kramp-Karrenbauer tauscht ihr Ministerpräsidentinnenamt gegen den Posten der Generalsekretärin. Man schreibt der 55-jährigen Saarländerin dieselben Attribute zu, mit denen auch Merkel gerne charakterisiert wird. Die Deutung, so baue die Kanzlerin ihre Erbfolge auf, kann ich allerdings nicht teilen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das System Merkel weiterhin Bestand hat. Den schärfsten Kritiker mit einem Ministerium mit wenig Profilierungschancen und angesichts der SPD-Pläne einer Bürgerversicherung einzigen SPD-Themas, das nicht im Koalitionsvertrag steht, bedacht und die vermeintliche Kronprinzessin darf sich ohne Bundestagsmandat als Generalsekretärin aufreiben und die Sozialdemokratisierung der Union voran treiben. Dank des geschickt gewählten Montagstermins für den Parteitag alles ohne großen Gegenwind beschlossen, schließlich muss die unter Umständen aufmüpfige Basis in der Regel montags arbeiten. So bereitet die Kanzlerin ihre Widerwahl n gut drei Jahren vor.
Indessen wertet die SPD die Ergebnisse ihrer Mitgliederbefragung aus, die angesichts desaströser Umfragewerte und des geradezu bemitleidenswerten Schauspiels um die Parteispitze wohl zugunsten einer GroKo ausgehen wird. Mit Sigmar Gabriel den beliebtesten Politiker in SPD-Reihen geschasst, 100-Prozent-Martin an mehrfach gebrochene Versprechungen und politische Torheit verloren und durch einen BILD-Reporter der Lächerlichkeit preisgegeben, nachdem dessen Hündin Lima in die SPD aufgenommen und zum Mitgliedervotum zugelassen wurde, nützt es der SPD wenig, hart verhandelt und mit reichhaltigen Inhalten und Ministerien belohnt worden zu sein. Das hat es ehrlicherweise aber schon in der letzten Legislatur nicht, in der auch das SPD-Programm umgesetzt wurde und nicht das, was auf den Unions-Parteitagen beschlossen wurde.
Strobls Dilettantismus zieht weite Kreise
Wer angesichts der sechs SPD-Ministerien auf der Regierungsbank wohl leer ausgehen wird, ist die baden-württembergische CDU. Kein einziger Unionspolitiker aus dem Südwesten ist für ein Amt im Kabinett Merkel vorgesehen. Die merkelsche Verteilung der CDU-Ministerposten der künftigen Bundesregierung ist eine schallende Ohrfeige für den baden-württembergischen Landesvorsitzenden und Landesinnenminister Strobl. Ganz offensichtlich straft Bundeskanzlerin Merkel die Landes-CDU ab. Anders ist es nicht zu erklären, dass im Bundeskabinett kein CDU-Minister aus Baden-Württemberg mehr sitzen wird. Der galoppierende Bedeutungsverlust der CDU im Land ist nicht zu übersehen. Gründe hierfür bot und bietet Strobl genug.
Nachdem im Januar bereits die Engpässe im Rettungsdienst thematisiert worden waren und durch die mediale Berichterstattung auch die Öffentlichkeit erneut für die Missstände sensibilisiert wurde, hat nun auch endlich das verantwortliche Innenministerium reagiert. Strobl plant eine umfassende Reform des Rettungsdienstes wobei unter anderem ärztliche Leiter eingesetzt und Notfallrettung und Krankentransport getrennt werden sollen.
Diese Reaktion ist höchst bemerkenswert, denn CDU, SPD und Grüne hatten bislang immer wieder behauptet, es sei alles in Ordnung im Rettungsdienst. Eine Reform des Rettungsdienstes ist jedoch seit Jahren überfällig. Lediglich am politischen Unwillen der drei Parteien lag es, dass die längst bekannten und von der FDP in zahllosen parlamentarischen Initiativen thematisierten Defizite nicht angegangen wurden. Bei aller Freude über den Gesinnungswandel des Innenministers und das Aufgreifen der Forderungen der FDP hat die Bevölkerung einen Anspruch auf die Beantwortung der Frage, warum die Probleme im Rettungsdienst so lange von den verantwortlichen Stellen und Politikern geleugnet wurden.
Justiz sieht Strobls Polizeigesetz als verbesserungswürdig an
Dass die FDP-Fraktion die Polizeireform der Landesregierung kritisierte ist kein Geheimnis. Vonseiten der Judikative wurde dieses Gesetz nun aufgrund mangelnder Praktikabilität ebenfalls mit Kritik bedacht. Schon nach drei Monaten muss Innenminister Strobl das in seinem Dilettantismus von ihm in höchsten Tönen gelobte Polizeigesetz nachbessern, damit es für die Justiz überhaupt praktikabel wird. Die FDP hatte immer vor einer zu leichtfertigen Verabschiedung des Gesetzes gewarnt und eigene Verbesserungsvorschläge eingebracht. Diese wurden jedoch arrogant ignoriert.
Ein Innenminister, der altbekannte Probleme im Rettungswesen ignoriert und nötige Verbesserungen bis zuletzt unterlässt, sowie ein Polizeigesetz auf den Weg bringt, das von der Justiz als nicht umsetzbar bezeichnet wird, hat sein Amt nicht verstanden.
Modezar Strobl
Er scheint sich ohnehin eher für Mode als für sein Ressort zu interessieren. Seine Empfehlung an die baden-württembergische Bevölkerung im letzten kalten Winterabschnitt lange Unterhosen zu tragen, lässt zumindest darauf schließen. Ich empfehle Herrn Strobl, sich mehr Gedanken über seine Pflichten und seine Verantwortung in seiner Amtsausübung zu machen, als über die Garderobe der heimischen Bürger. Diese kommen auch ohne Kleider-Nanny ganz gut zurecht. Helfen würde der stellvertretende Ministerpräsident den Mitbürgern im Land um einiges mehr, wenn er seinen Hauptaufgaben nachkäme.
Wie Ministerkollege Wolf wohl über Thomas Strobls Fähigkeiten denken mag, kann man anhand dessen Schreiben interpretieren, das Wolf an den scheidenden Innenminister de Maizière nach Berlin schickte, um auf die Probleme beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hinzuweisen.
Defizite beim BAMF
Das Schreiben von Justizminister Wolf über die Defizite der Behörde hinsichtlich der Mitwirkung der Behörde bei gerichtlichen Asylstreitigkeiten ist in der Sache sicher richtig. Allerdings ist der Empfänger der Falsche. Wie soll ein Bundesinnenminister, dessen politische Karriere sang- und klanglos beendet wurde, die schweren Defizite beim BAMF beseitigen? Der Brief sollte an den baden-württembergischen Merkelversteher Strobl und direkt an die Bundeskanzlerin gerichtet werden.
Zu befürchten bleibt allerdings, dass auch dann der Brief erfolglos bleiben würde. Weder die Bundeskanzlerin noch Innenminister Strobl sind bereit, die Versäumnisse und Fehler der CDU-Flüchtlingspolitik anzuerkennen und das BAMF in die Lage zu versetzen, Asylverfahren so zu Ende zu bringen, dass sie nicht ständig vor Gericht scheitern.
Die skandalösen Zustände in Mannheim, bei der eine kleine Gruppe vornehmlich nordafrikanischer und vermeintlich minderjähriger Jugendlicher durch eine erschreckend hohe Zahl an Straftaten und eine hohe kriminelle Energie auffallen, sind bedauerlicherweise kein Einzelfall.
Die Akzeptanz der Flüchtlinge in unserer Gesellschaft hängt auch davon ab, dass Überschreitungen unserer Rechtsordnung konsequent aufgeklärt und rechtstaatlich sanktioniert werden. Unsere Bevölkerung ist nicht mehr bereit, vollmundigen Ankündigungen von CDU und Grünen Glauben zu schenken, und dann nahezu täglich das Gegenteil erfahren zu müssen. Sie fühlt sich getäuscht, wenn Innenminister Strobl behauptet, Baden-Württemberg wäre Vorreiter bei der Nachregistrierung und der Altersfeststellung, dann aber herauskommt, dass Minister Lucha gegenüber den Behörden die Anwendung der medizinischen Altersfeststellung offiziell für sinnlos und verzichtbar erklären lässt. Was bringt das strengste Strobl-Polizeigesetz, wenn schon die bisherigen Gesetze nicht oder nur unzureichend Anwendung gefunden haben?
Für die aktuellen Probleme hat Grün-Schwarz keine Lösung, ebenso wenig die AfD. Wir brauchen neben der konsequenten Strafverfolgung eine Beweislastumkehr bei der Altersfeststellung. Ein berechtigtes Interesse, über das eigene Alter nicht aufzuklären, gibt es nämlich nicht.
Wer sich vehement nicht an Regeln zu halten meint, wer Warnschüsse ignoriert und die zahlreichen vorhandenen Hilfsangebote in den Wind schlägt, für diese Jugendlichen muss es zum Schutz der Bevölkerung und schließlich auch vor sich als Ultima Ratio die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringungen geben. Frühere Einrichtungen dieser Art wie beispielsweise in Schönbühl hatten pädagogische Antworten auf Jugendliche mit aggressiv-dissozialen Symptomen. Hier würden wir uns eine offene und ideologiebefreite Diskussion wünschen, anstelle in Sonntagsreden die Probleme zu beschwichtigen und die Bevölkerung zu beruhigen.
(Bäder-)Kultur
Vielfach wird Politikern mit zunehmender Amtszeit eine gewisse Neigung unterstellt, sich von der Lebenswirklichkeit der Bürger nach und nach zu entfremden. Empfänge hier, wichtige Entscheidungen dort, eine durchaus auskömmliche Entschädigung für die Mühen dieses Berufes und das stete Verkehren in elitären Zirkeln trägt nicht gänzlich zu Unrecht einen Teil zu diesem Eindruck bei. Ich für meinen Teil versuche dem zu entfliehen, indem ich trotz des Fraktionsvorsitzes im Landtag im Pforzheimer Werkeausschuss bei Debatten über Schülermonatskarten zugegen bin oder Einladungen folge, dem örtlichen Kaninchenzüchterverein bei einer seiner Versammlungen beizuwohnen – meinen Respekt im Übrigen für die hervorragende ehrenamtliche Jugendarbeit, die in Vereinen wie diesen betrieben wird. In der Innenstadt bin ich überdies meist zu Fuß unterwegs, sehe also die gleichen tristen und schönen Flecken der Stadt wie alle anderen auch.
Auch in Pforzheim gibt es allerdings Politiker, bei denen man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, sie entkoppelten sich in ihrem Handeln von den Realitäten der Stadt und ihrer Einwohner. Sinnbildlich für die Diskrepanz zwischen der entrückten Lebenswirklichkeit mancher Mandatsträger und derer der Bürger, die sie vertreten sollen, standen sich in der letzten Woche die klangvollen Wünsche der hiesigen Bau- und Kulturdezernentin zu einer Pforzheimer Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt und die Realität einer vollen Turnhalle bei einer Ortschaftsratssitzung gegenüber. Die Huchenfelder Ortsvorsteherin hatte zu einer öffentlichen Sitzung geladen, bei der eine Vorlage zu Standorten für Bäder auf der Tagesordnung stand. Streitpunkt dabei: Das marode Bad des Stadtteils, mit einem rundum aktiven Schwimmverein und einem Einzugsgebiet von dreißig- bis vierzigtausend Bürgern soll nach dem Willen der Verwaltung und vieler Stadträte trotz gültigen Beschlusses und bereits genehmigter Mittel nicht ersetzt werden. Normalerweise sind solche Ortschaftsratssitzungen keine besonders spannende Sache und auch nur mäßig besucht. In diesem Fall aber wollten es sich 500 Bürger nicht nehmen lassen, der Diskussion beizuwohnen und ihren Unmut über diese Entscheidung zu artikulieren. Welche Einfalt wird Bürgern unterstellt, denen gesagt wird, ihr Wunsch nach Ersatz für ein kleines Schulschwimmbad sei nicht finanzierbar, während zeitgleich Werbung getrieben wird, Pforzheim möge sich als europäische Kulturhauptstadt bewerben! So nähren sich die Vorurteile über die vermeintlich so entrückte Politikerkaste und angesichts derartiger Beispiele kann ich das niemandem verdenken. Eine Schnapsidee sondersgleichen, deren Schnapsigkeit, sich alleine den Bewerbungsprozess zwei Millionen Euro kosten zu lassen nur davon übertroffen wird, dass sich scheinbar keiner darüber Gedanken gemacht hat, was wir denn machen, wenn die Bewerbung klappt! Die Stadt Mannheim hat sich von der Idee einer Bewerbung verabschiedet, nachdem klar war, dass ein Erfolg rund 60 Millionen Euro kosten würde. Etwa ein Drittel hätte die Stadt davon selber zu tragen. Das sind drei schlüsselfertige Schwimmbäder der Sorte, von denen den Pforzheimer Höhenstadtteilen ein einziges genügen würde und für das hart und lange gestritten wurde, auch von mir und meiner Fraktion. Der erste unserer Anträge zu diesem Bad datiert auf Oktober 2015 und dennoch kam es nun soweit, dass es in Huchenfeld wohl eine Pause vom Schwimmvergnügen geben wird, selbst wenn eine neues Bad final beschlossen und endlich gebaut wird. Das alte Bad wird voraussichtlich nicht so lange offen bleiben können. Am 20. März wissen wir vermutlich, ob Huchenfeld sein neues Bad bekommt. Dann wird die erwähnte Bädervorlage im Gemeinderat beschlossen. Ich jedenfalls werde auf keinen Fall zustimmen, sollte das Huchenfelder Bad nicht doch noch den Weg in die Vorlage finden.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Hans-Ulrich Rülke