Newsletter Februar 2020
Sehr geehrte Bekannte, Freunde und Mitglieder der FDP,
Thüringen
der Februar war für die Freien Demokraten ein turbulenter Monat. Thomas Kemmerich ist im dritten Wahlgang zur Wahl des Ministerpräsidenten von Thüringen angetreten, um ein Angebot der demokratischen Mitte zu machen, nachdem es nur zwei Bewerber von radikalen politischen Parteien gab und er wurde gewählt. Er wurde gewählt, weil die AfD ihren eigenen Kandidaten im dritten Wahlgang hängen ließ, um alle Stimmen Thomas Kemmerich zu geben. Thomas Kemmerich hat die Wahl angenommen und binnen eines Tages seinen Rückzug erklärt, nachdem es von den Parteien des Verfassungsbogens, hier insbesondere von SPD und Grünen eine Blockadehaltung hinsichtlich der Zusammenarbeit mit ihm gab. Die FDP hat nie und wird auch nicht mit Parteien zusammenarbeiten oder koalieren, die extreme politische Ränder abbilden. Dazu zähle ich die AfD, so lange sie in ihren Reihen Faschisten wie Bernd Höcke duldet, aber auch die Linke, die als Rechtsnachfolgerin der Mauerschützenpartei völlig ungenügende Distanz zu Linksextremisten und alten Stasi-Kadern wahrt, ja diese sogar weiterhin beherbergt. Ich habe Thomas Kemmerich vor der Wahl abgeraten, anzutreten und kann für mich selbst zu einhundert Prozent ausschließen, in Baden-Württemberg etwas derartiges zu unternehmen. Klar bleibt aber auch, dass weder das Bundespräsidium der FDP, noch andere Parteigremien, noch Christian Lindner, noch ich den Thüringer Kollegen gegenüber in irgendeiner Weise weisungsbefugt sind. Es gilt die Freiheit des Mandates und dennoch hat Christian Lindner die Situation binnen 24 Stunden bereinigt. Wer sich überzeugen will, dass Parteitagsbeschlüsse oder Weisungen von höchster Stelle nicht dazu führen müssen, dass gewählte Mandatsträger sich in allen Fällen daran halten, kann ja mal bei Annegret Kramp-Karrenbauer nachfragen. Die CDU hat es nämlich nicht geschafft, binnen kurzer Zeit das Thüringer Chaos zu klären.
An Scheinheiligkeit nicht zu überbieten war im Übrigen das Verhalten, dass Genossinnen und Genossen von der SPD und Grüne an den Tag gelegt haben. Das Ergebnis der geheimen Wahl im Thüringer Landtag heiße ich nicht gut. Die AfD-Stimmen stören mich. Noch weniger heiße ich es aber gut, wie FDP-Politiker und Mitarbeiter in den Geschäftsstellen angegangen, bepöbelt, bespuckt und drangsaliert wurden und wie unverschämt sich diejenigen dazu geäußert haben, die mit der Rechtsnachfolgerin der Mauerschützenpartei ganz ungeniert ins Bett steigen. Jemanden zum Ministerpräsidenten wählen, der sich weigert die DDR als das zu bezeichnen, was sie war – nämlich ein Unrechtsstaat – und überdies laut SPIEGEL sogar den Schießbefehl an der deutsch-deutschen Grenze in Frage gestellt hat. Der in einer Partei organisiert ist, auf deren Veranstaltungen offen davon schwadroniert wird, das reichste Prozent der Bürger „zu erschießen“ verbunden mit glühenden
Enteignungsfantasien, die kein Richter am Bundesverfassungsgericht je als grundgesetzkonform einstufen würde. Ein Besuch im Pforzheimer DDR-Museum würde vielen gut tun, die unter Umständen vergessen haben, aus welcher ideologischen Ecke diese Partei eigentlich kommt, und für welche Gräuel einige der alten Kader stehen.
Ich für meinen Teil halte es weder mit Links- noch mit Rechtsaußen und kann versprechen weder mit der einen noch der anderen Seiten eine irgendwie geartete Kooperation zu beginnen. Einen unverdächtigen Zeugen habe ich dafür auch noch. Ministerpräsident Kretschmann persönlich hat in einem Interview gesagt, die baden-württembergische FDP sei in dieser Frage über jeden Zweifel erhaben.
Die Kandidatenfrage
Das freut mich, denn bei aller Rivalität und demokratischer Auseinandersetzung hat Thüringen gezeigt, dass die Parteien des Verfassungsbogens, also CDU, FDP, Grüne und SPD untereinander koalitionsfähig sein müssen. Von vorneherein Gespräche auszuschließen ist kontraproduktiv für unsere parlamentarische Demokratie. Deswegen schließe ich Koalitionsgespräche für das Frühjahr 2021 weder mit CDU, noch mit den Grünen oder der SPD aus. Es müssen aber die Inhalte stimmen. Vier Punkte schweben mir da im Besonderen vor:
Ich möchte wieder eine Bildungspolitik, die auf das einzelne Kind zugeschnitten ist, also die richtige Schule für jedes Kind. Dazu gehört auch die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung, deren Abschaffung das Absacken unserer Bildungsqualität wesentlich mitbegründet und überdies dazu geführt hat, viele Negativerlebnisse in den Bildungsbiographien unserer Kinder zu hinterlassen. Einfach, weil die Schule nicht adäquat war.
Mein zweiter Punkt ist die Herstellung echter Technologieoffenheit, indem die einseitige Bevorzugung der batterieelektrischen Mobilität beendet wird. Modernste Diesel, die Wasserstoffmobilität und synthetische Kraftstoffe müssen dringend unverzichtbarer Teil der Mobilitätswende sein. Nur so schaffen wir es auch, den Wohlstand zu erhalten, zu dem die baden-württembergischen Automobilhersteller sowie die vielen Zulieferer in erheblichem Maße beitragen.
Wir brauchen zudem eine Digitalisierungspolitik, die ihren Namen auch verdient. Als Megathema des 21. Jahrhunderts sollte die Digitalisierung einen wesentlich höheren Stellenwert und nicht nur einen Teilzeitminister, der mit seiner Kernaufgabe bereits überfordert ist, bekommen.
Und wir brauchen eine Bau- und Wohnraumpolitik, der die bürokratischen Fesseln mit Zwangsefeu auf dem Dach und überdachten Fahrradstellplätzen abgenommen werden. Nur wenn Bauen attraktiv wird, können wir genügend Wohnraum schaffen, der weithin benötigt wird.
Diese Dinge möchte ich anpacken und freue mich, dass mich neben dem Landesvorstand, der mich als Spitzenkandidaten bereits einstimmig nominiert hat, auch meine Parteikollegen vor Ort aus Pforzheim, Birkenfeld, Kieselbronn, Ispringen und Engelsbrand mich zu ihrem Kandidaten für den Wahlkreis 42 Pforzheim gewählt haben. Ich verspreche, mein möglichstes zu tun, um den Wahlkreis im Wahlkampf und darüber hinaus weiterhin würdig zu vertreten. Mit meinem hervorragenden Zweitkandidaten Janis Wiskandt kann ich mich überdies darauf verlassen, dass er mich im Wahlkreis an den Tagen würdig vertritt, an denen ich im Lande unterwegs sein muss, sollte der Parteitag der Landespartei mich zum Spitzenkandidaten wählen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Hans-Ulrich Rülke