Newsletter Juli 2019
Sehr geehrte Bekannte, Freunde und Mitglieder der FDP,
die Politik verabschiedet sich in die Sommerpause. Nicht ohne im Juli noch einmal für reichlich Gesprächsstoff gesorgt zu haben. Die gescheiterte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wurde entgegen dem eigentlich vorgesehenen Spitzenkandidatenmodell zur ersten Kommissionspräsidentin gewählt, Kultusministerin Eisenmann nun hochoffiziell als diejenige auserkoren, die gegen den immer noch grübelnden Winfried Kretschmann die kommende Landtagswahl für die CDU verlieren darf und landauf, landab haben sich die im Mai gewählten Kommunalparlamente konstituiert.
Unser Klima
Den hohen Temperaturen der Monatsmitte geschuldet wird überdies heftiger denn je über den Klimaschutz debattiert. Auch uns Liberalen ist dieses Thema wichtig. Technologischer Fortschritt war uns ohnehin immer ein Herzensanliegen, Umweltpolitik als eigenständiger Bereich wurde vom liberalen Urgestein Hans-Dietrich Genscher überhaupt erst etabliert. Damals ahnte noch niemand den großen Einfluss des Verbrennens fossiler Brennstoffe auf das Klima voraus, die Knappheit unserer Ressourcen und die direkt wahrnehmbaren Umweltschäden waren die vordergründigeren Probleme. Vor diesen Problemen stehen wir trotz großer Fortschritte in vielen Bereichen nach wie vor. Direkt und indirekt bedingt werden diese durch die fortschreitende Erwärmung unseres Planeten, bei der sich der allergrößte Teil der Wissenschaft einig ist, dass die vom Menschen verursachten CO2-Ausstöße maßgeblich daran beteiligt sind, diese zu beschleunigen. Deshalb ist es common sense aller demokratischen Parteien, den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid zu verringern. Strittig ist jedoch, wie und unter welchen Bedingungen dieses Ziel erreicht werden kann.
Von grünen Ideen wie einer CO2-Steuer oder der Verteufelung von Diesel-Autos halte ich überhaupt nichts. Das sind in meinen Augen schon faktisch völlig an der Realität vorbei gedachte Vorstellungen, die zudem von einem Menschenbild zeugen, das vom unmündigen Individuum ausgeht, das man zu seinem Glück zwingen muss. Eine Besteuerung von CO2 mit planwirtschaftlicher Umverteilung der Mittel führt effektiv dazu, dass diejenigen, die es sich leisten können weiterhin auf großem Klimafuße leben, aber diejenigen die das nicht können, die Einschränkungen zu tragen haben. Weniger mobil, weniger Fleisch, weniger im Geldbeutel am Monatsende. Dieses höchst unsolidarische Modell erleben wir bereits seit langem bei der EEG-Umlage, die Geringverdiener wesentlich stärker belastet als andere, weil ein größerer Anteil an verfügbarem Einkommen weggenommen wird. Die Lösung muss deshalb in einem marktwirtschaftlichen System liegen, das dem CO2 einen Preis gibt. So wird gewährleistet, dass dort Emissionen eingespart werden, wo das am leichtesten bewerkstelligt werden kann. Ein ausgeweiteter Emissionshandel führt dazu, dass es sich lohnt, in Vermeidungsstrategien zu investieren und den technologischen Fortschritt zu befeuern. Planwirtschaftliche Vorstellungen, die zum Inhalt haben, Elektroautos seien der Weisheit letzter Schluss, sind Unsinn. Ein solider Diesel wird erst bei geraumer Laufleistung hinsichtlich der CO2-Bilanz von einem Elektroauto eingeholt. Abgesehen davon werden einige der Rohstoffe für die Batterien unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, ob das chilenisches Lithium ist, dessen Abbau täglich Millionen Liter wertvolles Grundwasser benötigt, oder Kobalt aus dem Kongo, abgebaut unter fragwürdigsten Standards. Für mich ist das eine Übergangstechnologie, die zu schmutzig ist, als dass man dauerhaft auf sie vertrauen und sie erst recht nicht dogmatisch verklären sollte. Antriebe mit emissionsfreiem Wasserstoff halte ich für wesentlich geeigneter als schwere, batteriebetriebene Fahrzeuge, die überdies ewig brauchen, um vollgetankt zu werden. Es gibt viele vielversprechende Technologien, für die die Politik die Rahmenbedingungen schaffen muss, um ihnen zum Durchbruch zu verhelfen. Genau das soll und kann Politik nämlich tun. Einen gedeihlichen Rahmen gestalten, der es den Tüftlern und Denkern, Ingenieuren und Technikern, Start-Ups und gestandenen Unternehmen ermöglicht, die besten Lösungen für das globale Problem zu finden, den einzigen Planeten den wir haben, nicht zu übernutzen. Dogmen hinterherzulaufen, führt zu nichts. Den Klimawandel mit härtesten Methoden und zu Lasten aller anderen Politikbereiche zu verfolgen, eben so wenig. Demokratische Politik braucht nämlich immer auch den Rückhalt der Menschen. Verliert sie diesen, erleben wir als Resultat Mehrheiten in unseren Parlamenten, die von Marktschreiern und Populisten dominiert werden. Ein jeder möge sich ausmalen, von welchem Wert die Anstrengungen dann waren. Das kann in niemandes Sinne sein und wäre ein fataler Rückschritt, den es zu vermeiden gilt. Wir müssen also klimafreundliche Politik mit dem Erhalt unseres wirtschaftlichen Wohlstands verknüpfen, um unser Klima zu schützen und eine Politik betreiben zu können, die auch in Zeiten abflauender Konjunktur tragfähig genug eine Mehrheit des Willens der Bürger abzubilden vermag. Für mich bedeutet das die Hinwendung zum emissionsfreien Wasserstoff, die Ausweitung des Zertifikatehandels mit einer Obergrenze für CO2 und gezielte Aufforstung. In Äthiopien wurden binnen eines halben Tages 353 Millionen Bäume gepflanzt, bis Oktober sollen es gar vier Milliarden Bäume werden. Wenn Äthiopien das kann, schaffen es auch andere Länder. Daran sollten wir anknüpfen, uns ein Beispiel nehmen und andere zum Mitmachen ermuntern.
Doppelter Klimawandel
Auf einen Klimawandel der erfreulichen Art dürfen wir in Pforzheim hoffen. Die konstituierende Sitzung des Gemeinderates am 24. Juli bot jedenfalls Anlass, eine Erwärmung des in der Vergangenheit bisweilen frostigen Binnenklimas innerhalb des Rates anzunehmen. Ein überwiegender Teil des mit 21 erstmals gewählten Stadträtinnen und Stadträtinnen runderneuerten Gemeinderates bekundete, künftig stärker auf Dialog und Konsens setzen zu wollen, als es in der abgelaufenen Legislatur der Fall war. Zu diesem großen Teil gehöre ich selbst auch. Dem Wunsch von SPD-Fraktionschef Uwe Hück, die Ausschussgröße von 12 auf 13 zu erhöhen, damit die SPD einen Sitz mehr erhält, habe ich deshalb zugestimmt.
Sie fragen sich sicher, weshalb ich ohne Not einer Aufwertung der SPD-Fraktion zugestimmt habe, kann es doch taktisch hinderlich sein, der parlamentarischen Konkurrenz zu mehr Gewicht zu verhelfen. Der Grund ist so einfach, wie naheliegend. Zur angesprochenen Erwärmung des Klimas innerhalb des Gemeinderates wollte ich so beitragen. Herr Hück war am Montag vor der konstituierenden Sitzung bei uns in der Fraktion zu Gast und hat darum geworben, der SPD diesen Wunsch zu gewähren. Das war in fünf Jahren das erste Mal, dass ein Vertreter der Sozialdemokraten uns besucht hat, aktiv an einem Austausch interessiert war, auch wenn es vordergründig um eine Bitte, ein Anliegen ging. Ich bin überzeugt davon, wir frisch- oder wiedergewählten Stadträte sind es den Bürgern schuldig, Lösungen für die Stadt und ihre Bürgerschaft zu finden. Und wenn es den Preis hat, einen politischen Vorschuss zu leisten, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit beginnen zu können, bin ich bereit diesen Preis zu bezahlen. Als Vorsitzender der größten Fraktion ist es meine Aufgabe, gemeinsam mit meinen neun Fraktionskollegen Mehrheiten für Projekte zu schmieden, die Pforzheim voran bringen. Wir haben nun als stärkste Fraktion das Privileg und die Verantwortung die Leitlinien für die Ausrichtung Pforzheims für die nächsten Jahre zeichnen zu dürfen. Dafür habe ich bereits einige fruchtbare Gespräche geführt, die auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einigen Fraktionen hindeuten. Wir werden zwangsläufig den ein oder anderen Kompromiss schließen müssen, ein Hauptaugenmerk möchten wir aber einer Lösung der Bäderproblematik, einer Förderung der Pforzheimer Wirtschaft, dem Abwenden sinnlosen Verprassens von Steuergeld wie bei der City Ost und dem Ermöglichen eines gedeihlichen Wachstums der Stadt im Gewerbe- wie Wohnbereich legen. So hoffen wir, die rote Laterne in der Arbeitslosenstatistik und die schwierige Haushaltslage langfristig überwinden zu können. Das geht nur, indem wir verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen und zu neuen Mehrheiten im Gemeinderat kommen. Das strebe ich an und dafür setze ich mich ein. Künftig auch als erster gemeinderätlicher Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Der Gemeinderat hat mir das Vertrauen ausgesprochen und mich einstimmig in dieses Amt gewählt.
Herzliche Grüße
Ihr Hans-Ulrich Rülke