Newsletter März 2017
Türkische Wahlkampfauftritte einen Europa und zeigen Schwäche der Regierung auf
Der türkische Präsident hat in diesem Monat für sehr viel Aufsehen in Europa gesorgt. Obwohl das türkische Wahlgesetz Auftritte im Ausland zu Wahlkampfzwecken für türkische Politiker verbietet, sandte Erdogan Regierungsmitglieder seines Kabinetts aus, um unter seinen im Ausland lebenden Landsleuten auf Stimmenfang für das Referendum am 16. April zu gehen. Das gezielte Werben für den Umbau eines demokratischen Staates in eine Diktatur, wurde in Gaggenau letztlich vom Bürgermeister der Stadt verhindert, wo der türkische Justizminister Bekir Bozdag plante aufzutreten. Zuvor hatte zwar Justizminister Wolf den Wahlkampfauftritt des türkischen Amtskollegen kritisiert, jedoch blieben Handlungen aus. Die Landesregierung hätte sich an die Bundesregierung wenden können, um das Visum von Bozdag annullieren zu lassen, tat dies aber nicht. Aber auch ohne den Hinweis aus Stuttgart, wäre es ratsam gewesen, dass sich Bundeskanzlerin Merkel gegen diese Wahlkampfveranstaltung einsetzt. Stattdessen musste ein Bürgermeister geltendes Recht verteidigen, weil Bundesregierung und Landesregierung ihren Aufgaben nicht nachkamen.
„Kanzleramt – tote Hose; Villa Reitzenstein – tote Hose; Innenministerium – tote Hose; der Einzige mit Mumm in den Knochen ist noch der Bürgermeister von Gaggenau!“
Aber nicht nur das Werben für einen Umbau der Demokratie in eine Diktatur in der Türkei hätte als Begründung dienen können, sondern auch die beleidigenden Äußerungen von Präsident Erdogan. Als Kanzlerin kann von Frau Merkel mehr Einsatz für unsere Werte erwarten werden. Auch die juristische Grundlage bestand dafür schon seit längerem. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte erneut bestätigt, dass weder das Grundgesetz noch das Völkerrecht türkischen Regierungsmitgliedern einen Anspruch geben, in Deutschland Wahlwerbung zu machen. Auch Nichtregierungsmitgliedern kann man nach geltendem Recht die Einreise verweigern. Es gab also keinen Grund, Auftritte, in denen gegen Deutschland gehetzt wird, zu ermöglichen. Doch stattdessen ließ sie die Kommunen im Stich.
Keine AKP Propaganda in den Niederlanden und Niederlage für die Populisten
In den Niederlanden hingegen wurde die türkische Familienministerin des Landes verwiesen und per Polizeieskorte über die Grenze nach Deutschland begleitet. Dafür wurden unsere niederländischen Nachbarn aus Ankara mit dem Attribut „undemokratisch“ belegt. Ebenso wurden ihnen absurderweise Nazimethoden vorgeworfen. Der Irrsinn gipfelte sogar in der Ausweisung von 40 niederländischen Kühen aus der Türkei durch den türkischen Fleischverband, die wieder in ihre Heimat rückgeführt werden sollten, da man keine tierischen Produkte mehr aus den Niederlanden beziehen wolle.
Nachdem es die Populisten in Großbritannien geschafft hatten, das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union zu bewegen und in den Niederlanden ähnliche Strömungen der Abspaltung zu vernehmen waren, wurden die Wahlen in den Niederlanden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Als stärkste Partei gingen die Liberalen der VVD unter Mark Rutte aus der Wahl hervor. Die niederländische Schwesterpartei der FDP stellt also weiterhin den Regierungschef. Sehr schön! Der Rechtspopulist Geert Wilders, der für den Austritt der Niederlande aus der Europäischen Union geworben hatte, hatte gegenüber dem Freiheitswillen und dem Willen zum europäischen Zusammenhalt das Nachsehen. Wir können uns darüber freuen, dass der Wunsch nach Freiheit und europäischer Integrität größer war, als der nach Abspaltung und Abschottung.
Zwiespältige Grüne verhindern schnellere Ausweisungsverfahren
Im Bundesrat ist Kretschmann nicht in der Lage seine grünen Parteigenossen davon zu überzeugen, dass die Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer ein großer Schritt in die richtige Richtung ist. Die Grünen im Bund bauen auf Kretschmann, der bürgerliche Wählerschichten ansprechen soll. Wiederum zeigen diese im Bundesrat keine Einsicht für die Argumente ihres baden-württembergischen Parteikollegen und blockieren notwendige Entscheidungen für eine vernünftige Politik. Immer noch werden Rückführungen abgelehnter Asylbewerber unnötig in die Länge gezogen.
Ministerpräsident Kretschmann hat Recht, wenn er die Dauer der Verfahren beim Bundesamt für Migration als zu lang kritisiert, dass Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern fehlen und er ein Einwanderungsgesetz fordert. Das monatelange Warten auf eine Entscheidung belastet zum einen ganz erheblich die betroffenen Menschen, zum anderen erfordert jeder Monat des Wartens organisatorische und finanzielle Anstrengungen vor Ort. Der Verweis auf den Bund ist aber nicht ganz redlich, denn es sind die grünen Parteifreunde des Ministerpräsidenten, die im Bundesrat alles dafür tun, Beschleunigungen im Asylverfahren zu blockieren, wie sich jüngst bei der Ausweitung sicherer Herkunftsländer wieder zeigte. Klar ist, dass wir endlich das seit Jahren von der FDP geforderte, praktikable und sich nach den Bedürfnissen des Landes richtende Einwanderungsgesetz brauchen. Die Folgen der Einwanderung sind für unsere Gesellschaft zu wichtig, als dass wir sie dem Zufall überlassen dürfen.
Umsetzung der Strobl-Initiative wäre erster richtiger Schritt gewesen
Deshalb hatte meine Fraktion auch beantragt, die sogenannte Strobl-Initiative des Innenministers zum Asyl- und Flüchtlingsrecht in einer Bundesratsinitiative umzusetzen. Diesen Antrag hat die grün-schwarze Koalition auch mit Stimmen der CDU abgelehnt. Damit stellte sich die eigene Fraktion gegen den Innenminister und seine Pläne. Deutschland hat in den letzten Jahren mehr als eine Million Menschen aufgenommen. Bei aller Weltoffenheit und Solidarität müssen wir uns eingestehen, dass unsere Möglichkeiten zur Integration zahlloser Menschen Grenzen kennen. Seit Jahren wird jedoch nur ein Bruchteil der Menschen ohne Asylgrund und Flüchtlingsstatus zurückgeführt oder abgeschoben. Innenminister Strobl gelingt es nicht, seine Innenpolitik umzusetzen, da nicht nur die Grünen seine Ansätze blockieren, sondern auch die eigene Fraktion. Es scheint symptomatisch für die Regierung Baden-Württembergs, dass zuerst große Erwartungen geschürt, diese dann aber durch interne Kämpfe zunichtegemacht werden.
Die Arbeitsbelastung der Polizei nimmt zu, die Anerkennung durch den Dienstherren bleibt weiter aus
Polizeibeamte stehen mit ihrer Gesundheit für unseren freiheitlichen Rechtsstaat ein. Deshalb muss die Politik sie als Teil der Gesetzgebung schützen und in ihrer Arbeit unterstützen. Auch deshalb fordern wir seit Jahren eine personelle Aufstockung und bessere Ausrüstung der stark belasteten Polizei. Hier tut die Landesregierung jedoch viel zu wenig. Jüngstes Beispiel ist der G20-Gipfel in Baden-Baden. Statt die Beamten in Bereitschaft zu versetzen und diese auch entsprechend für Ihre Verfügbarkeit zu bezahlen, setzte das Innenministerium die Einsatzkräfte in gemeinsamen Unterkünften in „Freizeit“. Somit konnte sich die Landesregierung die Bezahlung der Bereitschaftszeit sparen, hatte jedoch trotzdem zusätzliche Polizisten zur Verfügung, falls man deren Unterstützung benötigen würde. Beamte aus Bayern und Rheinland-Pfalz bekommen diese Bereitschaftszeit bezahlt. Jedenfalls wissen die anderen Regierungen in Süddeutschland noch die Arbeit der Sicherheitskräfte zu schätzen. Doch dies ist nur ein Beispiel für den Umgang der Polizei in unserem Land durch die Regierung Kretschmann.
Die Polizeireform von Grün-Rot, die im Jahr 2014 in Kraft trat, konnte niemanden zu Jubelstürmen hinreißen, der sich nur ein wenig mit ihr und ihren Auswirkungen auseinandergesetzt hatte. Unter den Beamten machte sich große Unzufriedenheit breit und die Gewerkschaftsvertreter der Polizei konnten ihre Kritik ebenfalls nicht zurückhalten. Die fehlende Nähe zu den Beamten und deren Alltag stellte die Regierung Kretschmann I gekonnt zur Schau und die CDU kritisierte die Strukturreform in Zeiten der Opposition. Unter Führung der CDU ist das Innenministerium nun soweit, dass zumindest eine Evaluation der Strukturreform durchgeführt wurde.
Evaluation der Grün-Roten Polizeireform veranschaulicht Missstände
Der Abschlussbericht des Lenkungsausschusses zur Evaluation der Polizeireform wurde am Ende des Monats an Innenminister Strobl übergeben und der Öffentlichkeit präsentiert. Für die FDP war von Anfang an klar, dass die Polizeireform überdimensioniert und zum Teil unter Ausblendung praktischer Erwägungen geplant und umgesetzt wurde. Der Zuschnitt einzelner Polizeipräsidien und der Rückzug aus der Fläche konnten nie überzeugen. Dementsprechend war meine Fraktion immer schon der Auffassung, dass eine Reform notwendig ist, zwölf Präsidien aber deutlich zu wenig sind. Insofern wären künftig 14 Präsidien ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung. Wir sprechen uns daher wie der Lenkungsausschuss für zwei zusätzliche Polizeipräsidien, insgesamt also 14 Präsidien, aus. Es ist nun an der Landesregierung, die Empfehlung zügig umzusetzen. Pforzheim und der Nordschwarzwald taugen nicht als Anhängsel eines Polizeipräsidiums Karlsruhe. Die Polizei muss auch mit ihrer Einsatzkoordinierung wieder dichter an die Bevölkerung vor Ort und die Region. Dabei ist es nur natürlich, ein eigenständiges Polizeipräsidium in Pforzheim einzurichten.
Es ist aber nicht nur die Aufteilung der administrativen Bereiche der Polizei in Baden-Württemberg, die weiterhin Aufmerksamkeit benötigt. Auch die Anzahl der aktiven Beamten fordert langbenötigte Anpassungen. Denn die Polizei in Baden-Württemberg wird durch die CDU bis 2021 nicht mit zusätzlich 1500 Beamten besetzt, wie vor der Wahl angekündigt, sondern tatsächlich nur mit 204. Die CDU ist dem Wähler also immer noch 1296 Polizeibeamte schuldig. Man erinnert sich noch, dass die CDU im Wahlkampf die FDP in Sachen Polizeistellen überbieten wollte. Leider wurde schon vor der Wahl nicht erklärt, wie die Zahl der Beamten realisiert werden soll. Und anscheinend weiß man es bis jetzt immer noch nicht.
Mehr Schein als Sein in Pforzheim
Sollte es zur dringend benötigten Wiederkehr eines Polizeipräsidiums in Pforzheim kommen, wäre die Freude darüber groß, hier in der Stadt. Es würde allerdings nicht lange dauern, bis einige Stimmen in Pforzheim ertönen, die sich diesen Erfolg nur zu gern ans Revers heften möchten. Eine davon wäre sicherlich die des aktuell amtierenden OBs. Also des Oberbürgermeisters, der die Auflösung des Pforzheimer Präsidiums nicht verhindern konnte, obwohl der für die damalige Polizeireform zuständige Innenminister Reinhold Gall hieß, und dasselbe Parteibuch hatte.
Wenn es darum geht, besonders kreativ vermeintliche Erfolge zu verkaufen oder Misserfolge zu verschleiern, ist die Pforzheimer Stadtpolitik recht gut aufgestellt. Allen voran eben jener Oberbürgermeister versteht es meisterlich, so zu tun, als seien Erfolge ganz nah oder zumindest seine eigenen. Aktuell versucht er sich in bester Gauklermanier daran, die Illusion erfolgreicher Wirtschaftspolitik herzustellen.
I. Akt
Die erste große Fata Morgana der vergangenen vier Wochen hat er just am Rosenmontag beschworen: Porsche soll kommen!
Eine schöne Meldung zu Karneval, bevor das große Fasten kommt. Im Gewerbegebiet „Ochsenwäldle“ soll sogar ein ganzer Zuliefererpark für das Zuffenhausener Weltunternehmen entstehen, von dessen Glanz sich OB Hager quasi einen Wahlkampf-turbo erhofft. Nur schade, dass es dieses Gewerbegebiet noch gar nicht gibt, auf dem sich Porsche ansiedeln soll. Auch schade, dass das Ganze frühestens 2024 starten soll. Und zum dritten schade, dass augenscheinlich der Betriebsrat mit SPD-Parteibuch und nicht der Firmenchef Verhandlungspartner war.
II. Akt
Das nächste schöne Beispiel für Luftnummern des hiesigen Rathauschefs ist das eigentlich dringend benötigte Zentrum für Präzisionstechnik. Vom Regierungspräsidium mit Schreiben vom 06. März untersagt, weil das Geld in Pforzheim anderweitig verprasst wird, wurden Kreistag und Gemeinderat hinters Licht geführt. Kein Ton war aus dem Rathaus zu vernehmen, dass die Finanzierung des Zentrums bereits am 06. März verweigert worden war. Der berechtigten Verärgerung der Kreistagsfraktionen, die sich an diesem Projekt sehr gerne beteiligt hätten, haben sich diverse Pforzheimer Stadträte angeschlossen. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Die von meiner Fraktion bereits 2015 angemahnte Einbindung des Enzkreises hat OB Hager ewig lange nicht verwirklicht und als er dann auf den Kreistag zuging, lag die Absage des Regierungspräsidiums schon im Briefkasten. Die Stadträte erfuhren auch nur deshalb davon, weil meine Fraktion darum gebeten hatte, allen Stadträten möge eine Kopie des Schreibens des Regierungspräsidiums zugehen und nicht nur zwei belanglose Pressemitteilungen zum weithin genehmigten Haushalt. So geht man nicht mit Partnern um. Und so sollte man auch nicht mit derart wichtigen Projekten umgehen.
III. Akt
Der dritte Akt der letzten vier Wochen trug sich in Niefern zu. Bei einem großen Pressetermin mit der dortigen Bürgermeisterin wurde stolz eine Annäherung um das Gewerbegebiet „Reisersweg“ verkündet. Zehn Jahre lang wurde das Gewerbegebiet unter Verweis auf eine Gefährdung von Trinkwasserquellen für Pforzheim u.a. von OB Hager blockiert. Für mein Mahnen, man solle sich diesbezüglich mit Niefern annähern, wurde mir gar unterstellt, gegen die Interessen der Stadtwerke zu handeln, inklusive der pressewirksamen Ankündigung, man werde prüfen, ob ich mit einer solchen Aussage mein Amt als Aufsichtsrat bei den Stadtwerken verletzt habe.
Der Versuch von OB Hager und einem seiner Vasallen, mich für mein Plädoyer auf Einigung aus dem Aufsichtsrat entfernen zu lassen, war aber ein ebenso luftiges Unterfangen, wie so vieles aus Feder und Sprachorgan des Oberbürgermeisters. Erwartbares Ergebnis der Prüfung: „nicht schuldig“.
Herr Hager scheint sich in seiner Wahlkampfstrategie der vollmundigen Versprechen und mit seiner Art, mit unliebsamen politischen Meinungen umzugehen, ganz offensichtlich bei jemandem zu bedienen, der ein ebenso großes Faible für teure Prestigebauten hat wie der Pforzheimer Oberbürgermeister. Die Masse an Fake-News zumindest stimmt. Er twittert nur weniger.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hans-Ulrich Rülke