Newsletter März 2018
Angela Merkel ist mit 364 Stimmen zum vierten Mal von den Abgeordneten des Bundestages zur Kanzlerin gewählt worden. Dies geschah mit nur neun Stimmen mehr als nötig. 315 Abgeordnete stimmten insgesamt gegen die Kanzlerkandidatin, 399 Stimmen wären aus dem Kreis der Abgeordneten der CDU, CSU und SPD möglich gewesen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Große Koalition nicht so groß ist, wie es CDU, CSU und SPD gerne hätten. Der Rückhalt der Kanzlerin ist enorm geschrumpft. Ohne eine Reihe von mit Merkel sympathisierenden Abgeordneten der Grünen, die heimlich für ihre Heldin gestimmt haben, hätte es für Frau Merkels Kandidatur schlecht ausgesehen.
Kampf gegen Antisemitismus im Landtag
Der Landtag hat im März darüber abgestimmt einen Antisemitismusbeauftragten in Baden-Württemberg zu installieren. Dies ist leider nötig. Denn nicht nur in der Republik nimmt der Antisemitismus wieder zu, sondern auch in den Parlamenten. Die Abgeordneten der AfD haben hierfür ausreichend traurige und entsetzliche Beispiele geliefert. Wie etwa der Antrag der AfD-Fraktion, die Mittel für die Gedenkstätte in Gurs – den Ort, wohin die badischen Juden deportiert wurden – aus dem Haushalt herausstreichen zu wollen. Dieser Antrag ist für mich der armseligste Antrag in der Geschichte des Landtags von Baden-Württemberg. Die Alternative und Ihre Abgeordneten zeigen immer wieder wessen Geistes Kind sie sind.
Gerichtlich wurde festgestellt, dass der Abgeordnete Gedeon Holocaust-Leugner genannt werden darf. Dieser ist zwar nicht mehr Fraktions- aber nach wie vor Parteimitglied. Wenn dieser Mensch seine unsäglichen Ergüsse vom Rednerpult aus absondert, dann klatscht die halbe AfD-Fraktion. Die Arbeitskreise der Fraktion wurden ihm bewusst geöffnet, um ihn, den Antisemiten und Rassisten, wieder an Ihre Fraktion heran zu führen. Es ist offensichtlich, dass man mit der Nähe zu Leuten wie Gedeon das extrem rechte Klientel bedienen möchte.
Neben Gedeon, ist da aber auch das vollständige Fraktionsmitglied, die Abgeordnete Christina Baum,
die einer Facebook-Gruppe beitrat in der unter anderem ein Bild von Anne Frank mit der widerwärtigen Unterschrift „Die Ofenfrische“ gepostet wurde. Das wirklich ekelhafteste und abscheulichste Machwerk antisemitischer Propaganda, das Deutschland seit den Tagen eines Julius Streicher erlebt hat. Die Abgeordnete Baum sagt, sie sei wegen der Meinungsfreiheit dieser Gruppe bewusst beigetreten. Das ist an Widerwärtigkeit nicht mehr zu überbieten.
Vielsagend ist, dass nichts innerhalb der AfD gegen den Antisemitismus in der eigenen Partei unternommen wird, der sich wie ein Krebsgeschwür immer weiter in deren Körper frisst. Genau deshalb war es auch scheinheilig, dass die AfD-Fraktion ursprünglich angeboten hatte, die Antisemitismusresolution mitzutragen.
Verantwortung gegenüber jüdischen Lebens in Politik und Gesellschaft
In der Debatte zur gemeinsamen Erklärung der Fraktionen FDP/DVP, Grüne, CDU und SPD mit dem Titel „Antisemitismus entschlossen bekämpfen“ erinnerte ich an die Verantwortung, die die Deutschen für die massenhafte Ermordung von sechs Millionen jüdischer Frauen und Männer während der NS-Zeit tragen. Dieses Verbrechen war ein Tiefpunkt menschlicher Zivilisation. Wir heutigen Deutschen müssen uns dieser Verantwortung immer wieder aufs Neue stellen und uns fragen, was aus unserer Verantwortung folgt.
Für mich persönlich war es wichtig an der Wiedererrichtung der Synagoge in Pforzheim 2006 mitzuwirken. Die Begegnung mit einer Shoah-Überlebenden, die mir erzählte, sie wollte deutschen Boden nie mehr betreten und tut es doch, weil Deutschland nach ihrer Auffassung heute ein so viel besseres Land geworden sei, verdeutlicht wie wichtig der Einsatz gegen den Antisemitismus immer noch ist. Wir müssen dafür kämpfen, dass unser Deutschland dieses so viel bessere Land auch in aller Zukunft bleibt. Denn nicht nur der altbekannte rechtsextreme Antisemitismus ist wieder in Deutschland auf dem Vormarsch, sondern auch der radikale Islam trägt neue Formen des Antisemitismus in unser Land.
Neue und alte Gefahren
Es ist ein Alarmzeichen, dass mittlerweile jüdische Feiern abgesagt werden müssen oder nur unter Polizeischutz durchgeführt werden können. Es hat sich in den letzten Jahren etwas verändert in Deutschland. Durch die Migration insbesondere aus den Ländern des Mittleren und Nahen Ostens sowie Nordafrikas hat uns auch ein starker traditioneller Antisemitismus in Deutschland erreicht. Deshalb ist rasch ein neues und wirksames Einwanderungsrecht nötig. Wer unseren Schutz braucht, der ist willkommen. Wer sich auf unserem Arbeitsmarkt nützlich macht, der ist willkommen. Wer unsere Gesetze und auch kulturellen Gebräuche akzeptiert, der ist willkommen. Wer aber Hass, Vorurteile und Gewalttätigkeit nach Deutschland tragen will, dem müssen wir die Türe weisen und zwar mit unmissverständlicher Deutlichkeit. Dafür benötigt es aber auch eine durchsetzungsstarke Innenpolitik.
Strobls Eigenlob zerstört Polizeiarbeit
Herr Strobl hat wieder Mal von sich reden gemacht. Durch eine Pressemitteilung des Innenministers, wurde bekannt, dass verdeckte Kräfte des Landeskriminalamtes eingesetzt werden, um im Sigmaringer Prinzenpark gegen kriminelle Ausländer vorzugehen. Ein möglicher Geheimnisverrat durch den oberen Dienstherren, der die geplanten Ermittlungen der Polizei möglicherweise zunichtemacht. Da ist es nachvollziehbar, dass der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg Kusterer über die Redseligkeit des Thomas Strobl empört ist. Denn damit bringt er nicht nur die geplanten Aktionen der Polizei zum Scheitern, sondern gefährdet auch die Sicherheit der Beamten. Strobl verteidigte sich nach Kritik an seinem Vorgehen mit fraglichen Aussagen. So seien die vor Ort eingesetzten Beamten verdeckte Kräfte der Kriminalpolizei, die immer verdeckt arbeiteten. Grundsätzlich würden auch keine Angaben zu operativen Einzelmaßnahmen erfolgen. Da stellt sich die Frage, was denn dann noch eine operative Einzelmaßnahme ist, wenn man schon über die Beamten im Prinzenpark Bescheid weiß, bevor die Operation überhaupt angelaufen ist. Auch der Verweis des Innenministers auf andere Pressemitteilungen der Polizei bei ähnlichen Unternehmungen mit verdeckten Kräften verhilft nicht dazu sein Fehlverhalten zu entschuldigen. Deswegen habe ich auch deutlich gemacht, dass Strobl zurücktreten muss, sollten sich die Vorwürfe bestätigen.
Staatssekretär Jäger, der für den Innenminister schon häufiger die Kastanien aus dem Feuer holen musste, entschied sich kurz nach Bekanntwerden der Plaudereien seines Vorgesetzten und den dazugehörigen Auswirkungen wieder in Berlin anzuheuern. Jäger begründete seinen Schritt damit, dass es ihn reize, wieder in einem international aufgestellten Ministerium zu arbeiten. Strobl teilte mit, dass es zwar schade sei, dass Jäger gehe, er aber dessen Entscheidung respektiere. Er verstehe es, dass er jetzt gehen müsse, wenn sich die Regierung zusammenfinde, ließ der Innenminister diplomatisch verlauten. Dem geschulten Beobachter fällt jedoch auf, dass Jäger ein sehr gutes Gespür für Krisen in politischen Ämtern haben muss. Denn kurz nach der Enthüllungsgeschichte rund um Prinzenpark-Gate, kam es zum noch andauernden Fall der Osmanen Germania.
Erdogans Werk und Strobls Beitrag
Die rockerähnliche Gruppierung Osmanen Germania BC wurde bis jetzt nur halbherzig von der Landesregierung beobachtet. Neben milieubekannten Straftaten, wie Körperverletzung, Menschenhandel und Drogenhandel, wofür einige Mitglieder aktuell in Stuttgart vor Gericht stehen, gibt es noch eine andere Dimension des Osmanen Germania BC. Dass es sich bei den „Osmanen“ nicht nur um eine Gruppe der organisierten Kriminalität handelt, sondern auch um eine politische Einheit, die eng verwoben mit der Regierung in Ankara und der AKP handelt, ist dank der Recherche einiger Journalisten bekannt geworden. Kritikern, die nicht alle Mittel gegen die Osmanen eingebracht sehen, entgegnet das Innenministerium, dass kein anderes Bundesland die Gruppierung der Osmanen besser bekämpft als Baden-Württemberg.
Aus meiner Sicht stellen die Osmanen den bewaffneten Arm des Lobbyvereins UETD des türkischen Präsidenten Erdogan. Präsident Erdogan versucht somit eine paramilitärische Parallelstruktur zur Durchsetzung seiner Ziele in Deutschland zu etablieren. Hier muss das Landesamt für Verfassungsschutz eingeschaltet werden, um die Osmanen weiter zu beobachten. In Hessen ist dies bereits der Fall.
Warum Strobl so halbherzig gegen die Osmanen vorgeht, lässt sich nur erahnen. Eventuell liegt es an den Befindlichkeiten der Grünen Koalitionspartner oder, was noch wahrscheinlicher ist, am Flüchtlingsdeal der Bundeskanzlerin mit dem türkischen Präsidenten. Das sind eindeutige politische Motive. Die Osmanen müssen eben als Verfassungsfeinde wahrgenommen werden und nicht nur als Organisierte Kriminalität.
Bürgerwille
Die Märzsitzung des Gemeinderats war in den nunmehr 19 Jahren, die ich diesem Gremium angehöre, diejenige, bei der der Zustrom der Bürger auf Ratssaal und Empore am größten war. Die Stadtverwaltung hatte draußen bestuhlt und die Wortmeldungen der Stadträte und der Bürgermeister wurden bis in die Flure des Neuen Rathauses übertragen, um es wirklich allen möglich zu machen, die wegweisende Entscheidung zur städtischen Bäderlandschaft und die Positionen der einzelnen Fraktionen zu verfolgen. Lange wurde über den Beschluss gerungen, hatte nicht zuletzt die Bürgermeisterriege und die schwarz-rot-grüne Ratsmehrheit der letzten Jahre die Bäder eher stiefmütterlich behandelt, um es vorsichtig zu formulieren. Nun durften es zwei Bürgermeister ausbaden, die eigentlich nichts für die Misere können, weil sie noch gar nicht so lange im Amt sind. Aber so ist das nunmal in der Politik. Dennoch war der Vorschlag aus dem Dezernat des Ersten Bürgermeisters Büscher unglücklich. Statt wie von meiner Fraktion und der Mehrheit der Bürger gefordert, Ersatz für die beiden zum Jahresende abgängigen Bäder vorzuschlagen, beinhaltete die Vorlage lediglich ein Kombibad auf dem Wartberg. Ersatzlos weggefallen wären das Huchenfelder Sport- und Schulschwimmbad, das einzige innerstädtische Bad sowie weite Teile des im Sommer rege genutzten Wartbergfreibades. Siebzehn Beratungen, eine Demonstration mit über tausend Teilnehmern sowie eine vollbesetzte Sporthalle bei einer öffentlichen Ortschaftsratssitzung später stand die Entscheidung fest, es im Prinzip so zu machen, wie meine Fraktion aus FDP und Freien Wählern vorgeschlagen hatte: Das innerstädtische Emma-Jäger-Bad sowie das Huchenfelder Bad bleiben erhalten. Der Wehmutstropfen, während der Bauzeit einige Jahre ohne den Ersatz für die beiden Bäder auskommen zu müssen bleibt. Anstatt das Huchenfelder Bad, wie von meiner Fraktion bereits 2015 und 2017 erneut beantragt, direkt zu ersetzen, so lange das alte noch betrieben werden kann, müssen die Bürger wohl eine jahrelange Übergangszeit ohne das gewohnte Badevergnügen hinnehmen. Schuld daran trägt eine stets von mir gegeißelte Priorisierung weiter Teile der Stadtpolitik, die Prestigeprojekte über viele Dinge der Daseinsvorsorge stellt. Der Neubau des Emma-Jäger-Bads, der nun beschlossen wurde ist deshalb auch noch nicht finanziert. Das wäre das Kombibad auf dem Wartberg aber auch nicht gewesen. Der nächste Katzenjammer wird also zwangsläufig folgen, wenn es darum geht, das Geld für den Neubau aus dem städtischen Haushalt zu schneiden. Sollte das breit gefächerte Aktionsbündnis für ein Bürgerbegehren gegen das städtische Prestigeprojekt Innenstadt-Ost, das wir diesen Monat offiziell vorgestellt haben, von Erfolg gekrönt sein, können allerdings direkt mehrere Millionen Euro, die für die Schließung der Schloßbergauffahrt und Leitungsverlegungen für das Prestigeprojekt im Haushalt eingestellt sind, dafür verwendet werden. Verzichten wir dann noch darauf, Ideen zur Denkmalsetzung einzelner Bürgermeisterinnen, wie den sündhaft teuren Traum, Pforzheim könne europäische Kulturhauptstadt werden, zu verwirklichen, haben vielleicht auch weitere wichtige Dinge eine Chance, finanzierbar zu werden. Angesichts der landesweit niedrigsten Sportförderung, vieler maroder Schulen und der Debatte um die Streichung von Tausenderbeträgen für Kultureinrichtungen kann nämlich nicht oft genug an den wichtigsten Punkt der Finanzpolitik erinnert werden:
Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Hans-Ulrich Rülke