Newsletter Mai 2016
Liebe Mitglieder, Interessierte und Freunde der FDP,
seit den Landtagswahlen vom 13. März, bei denen die grün-rote Landesregierung abgewählt wurde, sind nun gut zwei Monate vergangen und der 16. Landtag von Baden-Württemberg fand zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Erfreulicherweise mit nunmehr zwölf anstatt sieben Freien Demokraten im frisch renovierten Plenarsaal, worüber ich mich persönlich sehr freue. Die konstituierende Sitzung fand allerdings auch unter dem faden Beigeschmack der Anwesenheit einer neuen politischen Kraft am rechten Rand statt, deren Zustimmung sich aus einer Mischung von Politikversagen schwarzer und roter Natur sowie dem irrationalen Schüren von Ängsten speist. Der Oppositionsauftrag der Freien Demokraten bleibt dabei im Grunde der Gleiche, wird nun aber ergänzt. Die Verfehlungen der Landesregierung gilt es genauso zielstrebig aufzudecken wie in der abgelaufenen Legislatur und es gilt zudem unser rechtstaatliches Fundament gegen die polemischen Angriffe aus der Ecke der Vorgestrigen zu verteidigen. Das gelingt nur durch liberale Politikangebote, die ihres Namens auch würdig sind.
Die Kiwi-Koalitionäre
Auch ein neuer Koalitionsvertrag steht mittlerweile und die schwarzen Körner in der Kiwi müssen schon mit der Lupe gesucht werden, liest man sich das Vertragswerk durch. Es könnte nämlich glatt der Feder der Vorgängerregierung entsprungen sein. Von den politischen Zielen der Wahlkampfzeit bleiben 140 Seiten voller Zugeständnisse der baden-württembergischen CDU, die augenscheinlich mit aller Gewalt vom so wahrgenommenen Katzentisch der Opposition, an dem sie sich nie sonderlich wohlgefühlt hat, zurück zu den wohlig erscheinenden Kaminen der Ministerien mit den ausladenden Besprechungszimmern wollte. Nun, sie hat es geschafft. Fünf von zehn Fach-Ministerien darf die CDU besetzen, einschließlich der – zugegebenermaßen sehr kreativen – Neuschöpfung aus Justiz- und Tourismusministerium. Warum niemand früher auf die Idee gekommen ist, diese beiden Ressorts zu einem Superministerium zu verbinden, bleibt mir ein Rätsel, wo die inhaltliche Nähe der beiden Themenfelder doch schon auf den ersten Blick augenscheinlich wird. Und das Einzige, was die CDU für diese fünf Ministerien tun musste, war, ihre vor der Wahl formulierten Ziele dafür aufzugeben.
Versprochen – gebrochen
Den Beamten, denen man die Rückkehr zur ursprünglichen Eingangsbesoldung versprochen hatte, die von Grün-Rot so drastisch abgesenkt worden war, wird man sich ebenso erklären müssen, wie der Jägerschaft, der die Rücknahme des ideologischen Jagdgesetzes versprochen wurde, beide Versprechen wurden im Koalitionsvertrag gebrochen.
Das Kultusministerium konnten sich die Schwarzen sichern, aber zum Preis des Brechens der eigenen Wahlversprechen in der Bildungspolitik. Weder die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9, noch die Verhinderung des inflationären Ausbreitens von Gemeinschaftsschulen, auf die man im Unionslager am liebsten ganz verzichtet hätte, konnten als politische Forderung durchgesetzt werden und augenscheinlich wird nun eine CDU-Kultusministerin auch noch dazu gezwungen, die so verhassten Oberstufen an den Gemeinschaftsschulen einzuführen: Höchststrafe!
Die fehlkonstruierte Polizeireform, bei der die Präsidien nach den Wahlkreisen hochrangiger SPD-Funktionäre zugeteilt wurden, anstatt nach dem tatsächlichen Bedarf, wollte man ändern und hat sich mit einem Prüfauftrag abspeisen lassen.
Den Windkraftgegnern hatte man versprochen, eine größere Distanz zwischen potenziellen neuen Rotoren, dieser in Baden-Württemberg größtenteils sinnfreien Technologie und Wohnbebauung einzufordern. Erreicht wurde gar nichts, ganz im Gegenteil, die unfassbar teuer subventionierte Ideologie soll weiter fortgeführt werden.
Und der einzige Erfolg, den sich die CDU ans Revers heften könnte – die potenziellen 1500 neuen Polizisten, die sie auch vor der Wahl gefordert hatte – könnte zu alledem nun durch eine grüne Finanzministerin unter Verweis auf eine schwierige Haushaltslage kassiert werden. Auf Seite 11 des Koalitionsvertrages ist zu lesen: „Für alle finanzwirksamen Maßnahmen gilt ein Haushaltsvorbehalt.“ Für mich bedeutet dieser Satz den Knock-Out jedweder eigenständiger Politik der Unionsfraktion, da er nichts anderes aussagt, als die Möglichkeit für die grüne Kassenwartin quasi alle Vorhaben der Union unter Verweis auf eine potenziell schwierige Haushaltslage abzuschmettern. Mein Fazit: Da hat sich die CDU ganz schön über’s Ohr hauen lassen…
Österreich – Wehret den Anfängen
Was eine großkoalitionäre Politik des Nichtregierens bewirken kann, wie es in der Stillstandsrepublik Merkelscher Prägung der Fall ist, hat man in den letzten Wochen eindrucksvoll in Österreich gesehen. Die Wiener Koalition aus SPÖ und ÖVP hat es versäumt, Politik nach den Interessen ihrer Wähler zu gestalten und in der Flüchtlingskrise ein ähnlich planloses Krisenmanagement an den Tag gelegt, wie unsere Bundeskanzlerin. Das Ergebnis war ein ungeheurer Abstrafungsprozess, der in einer Bundespräsidentenwahl mündete, mit Wahlergebnissen von nur je 11 % für den konservativen und den sozialdemokratischen Kandidaten sowie einem Erdrutschsieg für den Rechtspopulisten Hofer. In der darauf folgenden Stichwahl am 22. Mai, hatten die Österreicher die Wahl zwischen einem alteingesessenen Grünen, 72-jährig, Volkswirtschaftsprofessor und relativ weit links im politischen Spektrum angesiedelt und einem ungehobelten Rechtspopulisten, dem die Wut auf das Establishment, auf das Gefühl, nicht gehört zu werden, zu ungeahnten Höhen verhalf. Diese Wahl hat das Land tief entzweit und aufgezeigt was passiert, wenn sich die Menschen von den Regierenden weder verstanden noch repräsentiert fühlen. Die vermeintlich einfachen Lösungen, die den Bauch der Menschen ansprechen und die Vorstellung und das Bedürfnis nach einer gestrigen Welt nähren, bekommen Auftrieb und Hochkonjunktur. Die Tatsache, dass sich eine solche Welt nicht wieder zurückholen lässt, wird negiert und gerade deshalb ist es so unerlässlich liberale Politikangebote zu formulieren und auf die Anliegen der Bürger einzugehen. Zugeständnisse für Ämter und Dienstwägen auf Kosten liberaler Politik wird es mit mir deshalb auch weiterhin nicht geben.
Pforzheims Haushalt und der ganze Rest
Auch in Pforzheim halten Liberale Kurs. Bezüglich der vom Regierungspräsidium Karlsruhe geforderten Sparvorgaben bleibt die Linie, wie sie von jeher war. Meine Gemeinderatsfraktion aus FDP und Freien Wählern hat in den letzten Jahren deutlich versucht, allen anderen Stadträten klar zu machen, dass man große Prestigeprojekte wie die Innenstadtentwicklung-Ost nur machen sollte, wenn man dafür Geld hat, und Pforzheim hat leider keines. 30 Millionen Euro soll Pforzheim nun sparen, 50-70 Millionen kostet das Innenstadt-Projekt vorsichtig geschätzt – da wäre sogar eine zweite Sparrunde drin. Sollte das wider Erwarten nicht reichen, könnte man auch einfach unserem schon vor geraumer Zeit gestellten Antrag folgen und eine der beiden Dezernentenstellen, die heute und im Juli zur Wahl stehen, streichen. Das wird wohl leider nicht passieren und ich vermute, dass heute Frau Schüssler zur Baudezernentin gewählt wird. Ihre Kür durch die vermeintlich vorschlagsberechtigte Grüne Liste wurde nach einer riesigen Show vollzogen, trotz offensichtlicher Ungeeignetheit, schaut man sich fachlichen Hintergrund und Lebenslauf einmal näher an. Es ist beileibe nicht so, dass niemand anders diese Defizite erkannt hätte, allerdings wird wohl die Wasch-mich-aber-mach-nicht-nass-Politik der Pforzheimer Afghanistan-Koalition aus CDU, SPD und Grünen Frau Schüssler ins Amt verhelfen und einen qualifizierteren Baudezernenten verhindern. Diese Taktik, die auf der puren Angst basiert, die Grünen revoltierten als Revancheakt gegen den Kandidaten der CDU im Sommer, verhindert die Besetzung der Stelle mit kompetentem Personal, das vor allem im sehr teuren Bausektor und bei der aktuellen Pforzheimer Haushaltslage dringend notwendig wäre. Dieses Amt sollte kein Versorgungsposten für altgediente Stadträte sein. Insbesondere nicht, wenn weder Verwaltungserfahrung, noch Führungserfahrung, noch Fachkompetenz vorhanden ist und die Bewerberin noch dazu – aus Altersgründen – nur für eine Amtsperiode zur Verfügung steht.
Ihr Hans-Ulrich Rülke