Newsletter Mai 2018
Sehr geehrte Bekannte, Freunde und Mitglieder der FDP,
am 25. Mai ist mit einigem Begleitgetöse die sogenannte DSGVO in Kraft getreten, die Datenschutz-Grundverordnung. Grund genug an dieser Stelle noch einmal darauf hinzuweisen, dass Sie – sollten Sie meinen Newsletter nicht mehr beziehen wollen – mit einer einfachen Nachricht aus dem Verteiler genommen werden. Sofern Sie sich per Mail für den Newslettererhalt angemeldet haben, ist diese Mail gespeichert, ohne dass eine Weitergabe erfolgt wäre oder erfolgen wird. Im Verteiler, der dafür verwendet wird, sind ausschließlich die E-Mail-Adressen gespeichert, keinerlei weitere Daten. Eine Weitergabe erfolgt hier ebenfalls nicht.
Blick nach Italien
Möchte man einen Eindruck davon bekommen, wie Bürger an den Wahlurnen reagieren, wenn sie sich über Jahre hinweg durch Tatenlosigkeit, nicht eingehaltene Versprechungen und Kungeleien derer, die da an den Trögen sind, verraten fühlen, sei ein Blick nach Italien empfohlen. Die skurrile Mischung einer Allianz aus Rechts- und Linkspopulisten kennen wir bereits aus Griechenland, besonders eindrücklich aus dem ersten Kabinett Tsipras mit seinem schrillen Finanzminister Yanis Varoufakis, der in seiner halbjährigen Amtszeit gefühlt öfter in Talkshows als im Parlament war.
Nun gibt es in Italien ein ganz ähnliches Bild und es hat sich nach der Parlamentswahl im März eine Koalition aus den Rechtsextremen von der Lega Nord und den linken Populisten von der 5-Sterne-Bewegung um ihren Anführer, den ehemaligen Clown Beppe Grillo herauskristallisiert. Im Moment tun sie so, als schäumten sie vor Wut darüber, dass Staatspräsident Sergio Mattarella den Chef-Ideologen eines italienischen Euro-Austritts Paolo Savona nicht zum Wirtschafts- und Finanzminister ernennen mochte. Das ist Mattarellas gutes Recht als Präsident und so etwas passiert auch nicht zum ersten Mal. 1994 hatte bspw. Silvio Berlusconi versucht, seinen Anwalt zum Justizminister zu ernennen, was damals eben so wenig das Wohlgefallen des Staatspräsidenten fand, wie es heute die Idee ist, einen radikalisierten alten Mann zum Finanzminister zu machen, der der Meinung ist, der Euro sei ein „deutscher Käfig“ und der einzige Unterschied zwischen der Sicht Deutschlands auf seine Rolle in Europa heute und zur Nazizeit sei der, dass nun nicht mehr versucht werde, diese den anderen militärisch aufzuzwingen. Nun wird es auf Neuwahlen hinauslaufen, nachdem Lega Nord-Boss Salvini, der vor nicht allzu langer Zeit unverblümt für eine Rassentrennung zwischen Italienern und Migranten in Eisenbahnwaggons geworben hat, die Koalition angesichts der guten Umfragewerte lieber platzen lassen will, als einen anderen Kandidaten zu benennen, wie es sonst üblich ist. Das alles verbunden mit üblen Schimpftiraden auf Brüssel, Berlin und Migranten und vor dem Hintergrund, angesichts der aktuellen Umfragen im Herbst als strahlender Sieger aus den Neuwahlen hervor zu gehen. Vermutlich zusammen mit Silvio Berlusconi, dem vorzeitig das Verbot zum Bekleiden öffentlicher Ämter erlassen wurde, das ihm im Zuge seiner Verurteilung zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung auferlegt worden war. Italien war schon immer etwas speziell, betrachtet man die Halbwertszeiten italienischer Regierungen in den vergangenen Jahrzehnten. Eine solche Konstellation hat es dennoch noch nie gegeben. Weder eine unheilige Allianz von Links-, wie Rechtsaußen, noch von dermaßen unmöglich einzulösenden Versprechungen, wie der Einführung sozialer Wohltaten bspw. eines Grundeinkommens in Höhe von 780 Euro sowie radikaler Steuersenkungen gleichzeitig. Das ist fast so absurd, wie die Idee, aus Kohle- und Atomstrom gleichzeitig aussteigen zu können, ohne dass man zukaufen müsste oder das Licht ausgeht. Grund genug jedenfalls sorgenvoll gen Süden zu blicken und sich bewusst zu machen, weshalb eine solche Konstellation vom Volk gewählt wurde. Die Italiener fühlen sich von Europa hinsichtlich der Migrationsfrage im Stich gelassen und befinden sich seit Jahren in einer prekären wirtschaftlichen Lage mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit. Schimpftiraden auf Brüssel, Berlin und den Euro funktionieren besonders gut, u.a. weil es einen starken Kontrast zur politischen Klasse der Vorgängerregierungen bildet, die aus gutem Grund weder den Euro, noch die EU grundsätzlich in Frage gestellt haben und es ein Leichtes ist, hier Feindbilder zu konstruieren, mit denen sich viele identifizieren können.
Die Migrationsfrage beschäftigt auch die Menschen hierzulande und die Konjunktur mag zwar im Moment brummen, doch die nächste Krise kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Wie sehr uns die horrend teuren Entscheidungen der Merkel-Kabinette hinsichtlich der Renten-, Energie- und Flüchtlingspolitik dann auf die Füße fallen, wird wohl in Relation zur Größe der nächsten Wirtschaftskrise stehen. Wie wahrscheinlich es dann sein wird, Rassisten und Gruppierungen wie die Clowns-Partei als potenzielle Regierungen zu erhalten, hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie intensiv Fehler transparent gemacht und jetzt Weichen für die Zukunft gestellt werden. Hier gilt es, den Dornröschenschlaf der Bundeskanzlerin und auch der Herren Kretschmann und Strobl zu stören, im Bund bspw. mittels eines Untersuchungsausschusses zur BAMF-Affäre und in Baden-Württemberg mit der Kenntlichmachung dessen, was die Landesregierung im Moment ausmacht – ihre Unfähigkeit das Land zu regieren. Diskrepanzen zwischen den Programmen der Kiwi-Partner werden angesichts sprudelnder Steuereinnahmen mit Geld zugeschüttet, was die Haushalte der kommenden Jahrzehnte ruinieren wird und ansonsten passiert außer pubertären Streitereien nichts. Für die peinliche Nummer um die Weigerung der CDU-Fraktion zur im Koalitionsvertrag festgehaltenen Reform des Wahlrechts gab es ein Revanche-Foul der Grünen, die die CDU-Kandidatin für den Posten der Landtagsvizepräsidentin kurzerhand durchfallen ließen. In Sigmaringen hat Innenminister Strobl aus Profilierungssucht verdeckte Ermittler enttarnt, in Ellwangen wurden Praktikanten zur Abschiebung
eines togolesischen Asylbewerbers geschickt und als diese von anderen Asylbewerbern verhindert wurde, hat der Innenminister erst Tage später reagiert und informiert. Der Polizei fehlt nach wie vor der Nachwuchs und das Land steht türkischen Schlägertrupps mit Verbindungen bis in den Präsidentenpalast in Ankara hilflos gegenüber. Zudem schafft es die CDU nicht, die lupenreine Ideologiepolitik der Grünen bspw. bei den drohenden Dieselfahrverboten oder der Einführung sinnfreier Tempolimits auf Autobahnen Einhalt zu gebieten. Bei der Bildungspolitik sieht das Bild ähnlich verheerend aus. Die Landesregierung verliert sich in Strukturdebatten, während die Qualität von Jahr zu Jahr leidet. Die nach wie vor existierende Privilegierung der Gemeinschaftsschule, die angesichts knapper Ressourcen darbenden Real- und Werkrealschulen und nicht zuletzt der Mangel an Konzentration auf Qualität statt struktureller Debatten hat Baden-Württemberg in sämtlichen Bildungsrankings von der Spitzengruppe auf die hinteren Plätze abstürzen lassen. Grün-Schwarz ist ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage, dieses Land in wichtigen Punkten zu regieren. Nur der Wille zur Macht und das Kleben an Ämtern halten diese Koalition noch zusammen. Sollten Grüne und CDU von der Einsicht überrascht werden, das Land vom Elend dieser Koalition zu erlösen, dann sind wir als FDP bereit, über das zu reden, was die Menschen hier von der Regierung erwarten: Lösungen für Herausforderungen. Solche Lösungen strebt die FDP auch kommunal an. Eine Lösung, deren Gelegenheit nur alle Jubeljahre kommt, bietet sich der Stadt Pforzheim dieses Jahr an. Indem der überschüssige Bodenaushub, der im Zuge des A 8-Ausbaus anfallen wird, in höhere Lärmschutzwälle verfüllt werden kann, bekommt die Stadt die einmalige Chance Lärmschutz, Ökologie und Ökonomie in einer einzigen Aktion zu verbinden. Die Grundidee ist simpel. Man nehme die etwa 80.000 m³ Erde und verwende sie zur Aufschüttung der Wälle, anstatt sie in weit entfernten Deponien mit tausenden LKW-Ladungen auf Steuerzahlerkosten zu entsorgen. Konservative Schätzungen sagen, etwa 10 Euro koste ein Kubikmeter in der Entsorgung. 15 bis 20 Euro dürften der Sache aber eher nahe kommen. Mindestens 800.000 Euro dürften also allemal für die Entsorgung anfallen, werden aber dafür nicht benötigt, schüttet man die Wälle entsprechend hoch auf. Kosten fallen auf der Gegenseite an für die Aufschüttung der Wälle sowie den Grunderwerb, da man dafür zusätzliche Flächen benötigt, weil die Wälle nicht nur höher, sondern auch breiter werden, wenn man so verfährt. Erfahrungsgemäß kostet das aber weniger als die Entsorgung, ein solches Verfahren wird nicht zum ersten Mal praktiziert. Tritt man nun in Verhandlungen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe ein, das den Ausbau der Bundesautobahn federführend managed, könnte sich eine Win-Win-Win-Situation ergeben, wie man sie nur selten bekommt. Die Bürger des Pforzheimer Stadtteils Eutingen auf der Südseite der A 8 sowie Kieselbronns auf der Nordseite hätten auf Jahrzehnte hinaus geringere Lärmemissionen zu ertragen, der Stadtteil und die Enzkreisgemeinde könnten sich städtebaulicher Potenziale in Richtung Autobahn erfreuen und für die Umwelt und den Steuersäckel wäre auch etwas getan. Schließlich spart der Staat Geld ein und die Erde muss obendrein nicht weit weg transportiert werden. Man könnte also meinen, alle seien froh über diesen Vorschlag, den meine Fraktion letzten Sommer im Gemeinderat beantragt hat und der im Eutinger Ortschaftsrat einhellige Begeisterung fand. Dem ist leider nicht so. Wer sich dem Vorschlag entgegenstemmt ist die Pforzheimer Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler und ihr Dezernat, denen die Arbeit wohl nicht schmeckt, die damit verbunden ist. Gemeinsam mit meinem Abgeordnetenkollegen Erik Schweickert habe ich die ablehnende Haltung der Verwaltung Anfang April analysiert und den Pforzheimer OB gebeten, die Vorlage aus dem Hause Schüssler zurückzuziehen, da ein viel zu kurzer Prognosehorizont als Grundlage verwendet wurde. Argumentiert wird, die erhöhten Wälle brächten zu wenig Emissionsschutz ein. Allerdings hört der Prognosehorizont bereits im Jahre 2025 kurz nach Fertigstellung des Autobahnausbaus auf. Nach gängiger Praxis sollte es aber eher das Jahr 2038 sein. Zudem wird die Stadtentwicklung außen vor gelassen, da Eutingen effektiv nur in Richtung Autobahn wachsen kann. Hinsichtlich der Bitte kam zunächst nur eine Eingangsbestätigung und Bürgermeisterin Schüssler wollte den Vorschlag trotz aller Bedenken am 02. Mai in einer Ausschusssitzung abräumen, es sei ja schließlich alles gesagt. Das ist ihr glücklicherweise nicht gelungen, nachdem meine Fraktionskollegin Brigitte Römer im Ausschuss eine gemeinderätliche Befassung beantragt hatte, und ihr neun von zehn anwesenden Stadträten darin gefolgt sind. Im Gemeinderat zwei Wochen später wurde der Verwaltungsvorschlag schließlich zurückgezogen, nachdem eine Fraktion nach der anderen ankündigte, sie wolle der Verwaltung nicht in ihrer Ablehnung folgen. Skurril war eine der Begründungen, mit der die Bürgermeisterin ihre Haltung zu rechtfertigen versuchte. Man müsse schließlich zu Enteignungen greifen, wolle einer der Eigentümer ein paar Quadratmeter Land nicht verkaufen, sagte sie. Skurril deshalb, weil just in den beiden Tagesordnungspunkten zuvor vom Gemeinderat im Zuge der städtebaulichen Entwicklung in Hohenwart und Büchenbronn genau das beschlossen wurde. „Umlegung“ heißt das dann im Verwaltungsdeutsch. Eine hoffnungsvolle Nachricht aus dem Rathaus gab es dennoch kurz darauf. Die Verwaltung diskutiere den Vorschlag angesichts der Diskussionslage erneut und werde gegebenenfalls eine neue Vorlage einbringen, so OB Boch. Das ist richtig so, schließlich ist der Vorschlag vernünftig und genießt ganz offenkundig auch überparteilich Sympathie. Zumindest bei denen, die gesteigerten Wert auf Argumente legen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Hans-Ulrich Rülke