Newsletter Mai 2020
Sehr geehrte Bekannte, Freunde und Mitglieder der FDP,
es geht jetzt um nicht weniger als unseren Wohlstand. Mit der Corona-Krise kommt die Wirtschaftskrise und es stellt sich jetzt die dringende Frage, wie wir die Wirtschaft wieder hochfahren. Im Mai habe ich ein Papier vorgestellt, dass genau dafür Ideen und Maßnahmen enthält, denn auf die Wirtschaft kommt es jetzt an.
Wir haben in allen Bereichen der Wirtschaft massive Verlierer der Lockdown-Maßnahmen. Umsatzausfälle in Milliardenhöhe und flächendeckende Kurzarbeit sind nur die Vorboten einer schweren Rezession bei der es um nicht weniger geht als unseren Wohlstand. Gerade in der Corona-Krise zeigt sich, welche Bedeutung die Wirtschaftskraft hat, denn nur die Leistung von Millionen Beschäftigten in unzähligen Betrieben erwirtschaften die Mittel, die man für Hilfsmaßnahmen jetzt einsetzt.
Ich und meine Fraktion sehen es daher als unsere Verpflichtung, eine liberale Antwort darauf zu geben, wie es jetzt weitergehen kann. Das ist der Ansatz der Entwicklung des Positionspapiers. Es geht auch um die Grundfrage der Ausrichtung von Wirtschaftspolitik. Schnelle Hilfen für die Betriebe und Branchen zu schaffen, um Insolvenzen zu vermeiden, ist jetzt zweifelsohne das Gebot der Stunde, das wir als Landtagsfraktion auch mittragen. Deshalb haben wir auch milliardenschwere Hilfspakete mitbeschlossen, aber die grundsätzliche Ausrichtung der weiteren Wirtschaftspolitik braucht aus unserer Sicht einen klaren liberalen Kompass, um der Wirtschaft wieder den Schwung zu ermöglichen.
Es darf jetzt nicht darum gehen, aus den Staatshilfen eine Staatslenkung zu machen. Die Erfahrungen haben immer gezeigt, dass der Staat Rahmenbedingungen setzen muss, aber nicht der bessere Unternehmer ist. Jetzt geht es darum, dass Unternehmen nicht nur überleben, sondern zur alten Kraft zurückkehren, Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten werden können und auch das Gründungs- und Innovationsgeschehen im Land weiterhin vital bleibt.
Zwei Sonderkonjunkturjahre
Im nun vorliegenden Papier schlägt die FDP/DVP Fraktion zwei Sonderkonjunkturjahre vor, um aus der Krise zu kommen. Leitlinien für die notwendigen Konjunktur- und Investitionsimpulse sollen aus unserer Sicht ein Konjunkturpaket aus steuerlichen Erleichterungen, Zuschüssen und Anreizen, ein „Befreiungsschlag“ von Ideologie und Bürokratie, eine Finanzpolitik ohne Vergemeinschaftung der Schulden, ein starkes Engagement zur Verbesserung der Infrastruktur mit Schwerpunkt Digitalisierung, aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit den erfolgten staatlichen Markteingriffen sein.
Wir fordern, zur Entlastung der Unternehmen das Modell einer negativen Gewinnsteuer umzusetzen, das eine nicht zurückzahlbare Soforthilfe in Höhe der im vergangenen Jahr gezahlten Gewinnsteuer enthält. Das wäre eine transparente und passgenaue Maßnahme zur Vermeidung von Insolvenzen.
Wir haben bereits jetzt, nach wenigen Wochen des Lockdowns erlebt, dass der Ausbau der Digitalisierung bei uns nicht die nötige politische Aufmerksamkeit genossen hat. Das zeigen die sichtbar gewordenen Lücken und Schwachstellen des Digitalnetzes in Baden-Württemberg. Dem Ausbau der digitalen Infrastruktur muss eine zentrale Rolle zukommen. Wir Liberale fordern Investitionen in Ausbauprogramme für Glasfaseranschlüsse und ein flächendeckendes, leistungsfähiges Mobilfunknetz.
Wir brauchen auch ein Belastungs-Moratorium zum Schutz vor neuer Bürokratie, die Prüfung der zahlreichen Dokumentationspflichten für Unternehmen sowie eine Abschaffung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes, um die Wirtschaft fit zu machen. Gleichzeitig fordern wir eine Weiterbildungsoffensive. Das Bildungszeitgesetz, das von der Vorgängerregierung auf Druck der Gewerkschaften eingeführt wurde, und das Freistellungen auch für nichtberufliche Weiterbildungen ermöglicht, hat sich als untauglich erwiesen und kann weg. Gleichzeitig ist es jetzt Zeit für eine Modernisierung und Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes. Die Bestimmungen in diesem Bereich erweisen sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund der neuen technischen Möglichkeiten als hoffnungslos veraltet. Dem muss in Abstimmung mit den Tarifpartnern Rechnung getragen werden.
Konkret widmen wir uns der Automobilindustrie als Schlüsselbranche für Baden-Württemberg. Wir dürfen nicht den Irrweg der einseitigen Förderung der batteriegebundenen Elektromobilität einfach fortsetzen. Führende Experten der Automobilbranche sagen zurecht, dass der Marktanteil dieses Bereichs viel zu gering sei, um die Konjunktur zu stimulieren. Wir sind keine Anhänger von staatlichen Förderprogrammen, aber wenn man diese schon macht, müssen sie innovationsfreundlich und unter Einbeziehung der Wasserstoff-Technologie ausgestaltet werden.
Mit Blick auf die internationalen Wirtschafts- und Finanzbeziehungen setzen wir uns für einen weiteren Ausbau des Freihandels ein. Wir mussten jetzt erleben, dass undurchlässige Grenzen für viele Menschen und auch die Unternehmen im Land eine spürbare Einschränkung sind. Aber auch Waren und Dienstleistungen dürfen nicht an Grenzen scheitern. Einer Vergemeinschaftung von Schulden in der EU erteile ich jedoch eine klare Absage. Ich warne ausdrücklich davor, die Coronakrise als Anlass zu missbrauchen, um jahrelange Defizite in den Haushalten von einigen Ländern der EU mit Hilfe von irgendwelchen Bonds zu kaschieren oder gar zu bezahlen. Ich lehne Eurobonds auch dann ab, wenn man sie Coronabonds nennt. Das alles steht in unserem Papier, dass wir als Diskussionsgrundlage für die weiteren Entwicklungen sehen. In den kommenden Monaten und Jahren wird der politische Schwerpunkt auf der Frage liegen, ob und wie es unser Wirtschaftsstandort schafft, den Wohlstand zu behaupten. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, mit einem klaren liberalen Kompass durch die großen Herausforderungen zu kommen.
Das gilt auch für Pforzheim, wo uns ganz ähnliche Herausforderungen erwarten. Mit 7,5 % stehen wir an der landesweiten Spitze der Arbeitslosenzahlen. Allein um 0,6 % ging es von April auf Mai nach oben. Das sind Vorboten dessen, was uns im Land und besonders auch in Pforzheim noch erwartet. Ich bin gespannt, welche Vorschläge aus dem Rathaus kommen und werde sie wie immer kritisch hinterfragen. Wer allerdings den von mir und meiner Gemeinderatsfraktion so lange und hart erkämpften Bädern an den Kragen will, muss mit meinem Widerstand rechnen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Hans-Ulrich Rülke
Das Papier der Landtagfraktion finden Sie hier:
Liberale Wege aus der Wirtschaftskrise