Newsletter November 2018
Einbringung des Nachtragshaushalts 2018/2019 – Enormer finanzieller Spielraum, aber falsche Priorisierung
im November fanden die ersten Beratungen zum Nachtragshaushalt 2018/2019 im Landtag statt. Zugegeben, im Landeshaushalt sind durchaus richtige Maßnahmen zu finden, wie die Einigung mit den Kommunen zu einem Finanzpaket, das auch einen Pakt für Bildung und Kinderbetreuung enthält. Weiterhin zu begrüßen ist das Nachkommen von Verpflichtungen aus dem Bundesteilhabegesetz für Menschen mit Behinderungen, die Vorfinanzierung des geplanten Pakts des Bundes für digitale Bildung an Schulen und die Schaffung von zusätzlichen Verwaltungsrichterstellen.
Ganz eindeutig nicht positiv zu bewerten sind aber die vorgesehenen 2,4 Millionen Euro für zusätzliche Stellen in der Umweltverwaltung. Leicht durchschaubar ist vor allem der geplante Posten mit 10 Millionen Euro für Maßnahmen zur „Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Dahinter verbirgt sich ganz klar ein Propagandafonds der Landesregierung in eigener Sache, eine ungeheure Geldverschwendung!
Schlussendlich sendet die Weichenstellung der grün-schwarzen Haushaltspolitik ein falsches Signal: So ist der Haushalt durch den Nachtrag innerhalb von acht Jahren von einem ursprünglichen Volumen von rund 35 Milliarden Euro um mehr als 50 Prozent auf insgesamt nun fast 54 Milliarden für 2019 angewachsen. Dem gegenüber vergrößerte sich das Landeshaushaltsvolumen in den fünfzehn Jahren der Regierungsbeteiligung der FDP/DVP in den Jahren 1996 bis 2011 um nur 15 Prozent. Mit dieser Planung wird eine historische Chance vertan, den Landeshaushalt wirklich nachhaltig zu sanieren.
Die vorgesehenen 70 Millionen Euro Tilgung so genannter „impliziter Schulden“ im Nachtragshaushalt, kann als eine weitere Fehlplanung dieser Landesregierung angesehen werden. Dieser Begriff führt in die Irre und ist ein Freifahrtschein für unsolides Wirtschaften, denn jede Form der Ausgabenwut könnte so als Schuldentilgung getarnt werden. Es ist nicht im Sinn der Landeshaushaltsordnung, beliebig viele Mittel in eine zweckgebundene Rücklage zu packen und das dann Schuldentilgung zu nennen, ohne das klar ist, wann die Mittel verbraucht werden können.
Bürgerbegehren gegen Ausgabenwut
In Pforzheim kam zwar bislang niemand auf die Idee, Ausgaben aus der Stadtkasse als Tilgung „impliziter Schulden“ zu bezeichnen, einen großen Trickreichtum, Kosten zu verschleiern hat man dennoch an den Tag gelegt. Insbesondere, indem man öffentlich schöngerechnete Zahlen genannt hat, die sich nichtöffentlich und hinterher als überhaupt nicht mehr schön darstellen. So geschehen im November 2016 mit Mitteilungsvorlage Q 0883, in der meine Fraktion Ex-OB Gert Hager und Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler gezwungen hat, endlich eine Kostenaufstellung zum Prestigeprojekt „Innenstadtentwicklung-Ost“ vorzulegen. Darin enthalten – eine Rechnung:
Man nehme Sanierungskosten für das Technische Rathaus in Höhe von 24,1 Millionen Euro, subtrahiere Mietkosten in Höhe von 10,7 Millionen Euro, eine Million für den Abbruch und komme auf einen Vorteil für den Steuerzahler von 12,4 Millionen Euro, wenn man das Baudenkmal abreißt und neue Flächen mietet. Zitat aus dieser Vorlage:
„Betrachtet man beide Tabellen zusammen, ergibt sich klar, dass das Projekt Innenstadtentwicklung-Ost auch rein monetär einen Gewinn für die Stadt darstellt.“
Dieses Märchen habe ich noch nie geglaubt, wenngleich es von den Befürwortern dieses Vorhabens ganz fleißig weiter gestreut wird. Wir sind nur mittlerweile nicht mehr bei knapp 12 Millionen Euro Miete, sondern bei 42 Millionen Euro angelangt. Nachzulesen in Pforzheimer Kurier und PZ vom 22. und 23. November. Sieht so ein monetärer Gewinn für die Stadt aus? Glaubt einer von Ihnen, dabei bleibe es? Ich nicht.
Man kann so ein Projekt durchaus auch gut finden. Das sollte man aber vornehmlich daran ausrichten, was für Parameter man kennt und wie man diese beurteilt. Abseits der Polemik der Befürworter, dieses Projekt als Fanal um Pforzheims Zukunft zu stilisieren, könnte man konstatieren, Pforzheim bekomme ein neues Quartier, benötigte Verwaltungsflächen sowie eine vermeintliche Aufhübschung und Attraktivierung der Innenstadt. Das sind die Argumente derer, die das Projekt wollen und diese kann man teilen oder nicht.
Fakt ist aber, dass mittlerweile nur eine einzige der so behüteten Zahlen öffentlich ist, die diese ganzen soften Gründe, warum der ein oder andere tatsächlich Sympathien hegt, in grotesker Weise konterkariert: 42,6 Millionen Euro Miete! Fast das Vierfache!
Zusätzlich zu diesen (bisher bekannten) horrenden Kosten kommen dann noch die Hardfacts, auf die diejenigen, die sich schlicht etwas Schönes erhoffen, ebenfalls keine Antworten haben. Die 12.500 Fahrzeuge bspw., die sich nicht einfach in Luft auflösen werden, wenn man den Schlossberg für den motorisierten Verkehr schließt. Darunter mehrere hundert Busse, die alle jeden Tag drei bis vier Minuten Umweg fahren müssen, um den fast 20 Millionen Euro teuren ZOB zu erreichen, den man erst vor drei Jahren eröffnet hat, u.a., um die Busanbindung über den Schloßberg zu gewährleisten. Und das alles, während Pforzheim ohnehin durch Ausweichverkehre geplagt sein wird, die angesichts des Ausbaus der Enztalsenke an der A 8 unvermeidlich sein werden.
Das Technische Rathaus ist zudem ein Baudenkmal. Man muss schwerwiegende Gründe ins Feld führen, um es abreißen zu können. Zum Beispiel, dass der Erhalt unzumutbar ist. Wie stellt sich das dar, wenn nun anstatt 24 Millionen für die Sanierung gleich 42 Millionen für Mietflächen ausgegeben werden sollen? Wurden die Denkmalschützer ebenfalls hinters Licht geführt?
Zudem ist ten Brinke nicht als Vorzeigeinvestor bekannt. Angesichts der bislang bekannten Fakten erhärtet sich immer mehr der Verdacht, dass die Stadt als hervorragend zahlende Ankermieterin und solvente Schuldnerin als Melkkuh herhalten soll. 42 oder noch mehr Millionen Mietzahlungen im Tausch gegen ein 100-Millionen-Invest, von dem vielleicht ein Großteil bereits wieder verkauft sein wird, bevor es überhaupt fertig ist. So lief es zumindest mit vielen anderen Projekten, die mit dem Namen ten Brinke verbunden sind. Demselben ten Brinke übrigens, der eine unrühmliche Rolle beim Erweiterungsbau des Polizeipräsidiums Köln-Kalk gespielt hat. Im Bericht des nordrhein-westfälischen Landesrechnungshofs an den Landtag heißt es dazu auf Seite 4, dass „mehrfach in besonderem Maße gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, gegen Vergaberecht und gegen Grundsätze der Korruptionsprävention verstoßen wurde.“ Ten Brinke und sein Firmengeflecht zogen finanzielle Vorteile aus den Vereinbarungen, die sie zum Nachteil des Steuerzahlers geschlossen hatten. „Die finanziellen Folgen dieser Vereinbarungen spiegeln sich darin wider, dass sich bei der Baumaßnahme für den BLB NRW, bezogen auf einen Betrachtungszeitraum von 20 Jahren, anstatt des erwarteten positiven Endvermögens von 26 Mio. € ein negatives Endvermögen von 34,4 Mio. € ergeben wird, mithin ein Unterschied von 60,4 Mio. €“, heißt es im gleichen Bericht auf Seite 5. Im Schlussbericht des Untersuchungssausschusses, der rund um die Vorkommnisse mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfahlen eingesetzt wurde, widmet sich ein ganzes Kapitel diesem Fall. Nachzulesen in Drucksache 16/14150 des Landtags von Nordrhein-Westfahlen auf den Seiten 212 bis 326. Herr ten Brinke hat im Übrigen das Zeugnis vor dem Ausschuss verweigert. Man braucht aber gar nicht so weit in die Ferne schweifen. Bereits in Calw ist man nicht gut auf ten Brinke zu sprechen und das Mühlacker Tagblatt schreibt: „In Mühlacker ist die ten Brinke Gruppe mit ihren Plänen für das Erlenbach-Center am Mühlehof-Standort krachend gescheitert.“
Wie sinnvoll ist es, einem solchen Investor die halbe Innenstadt zu verkaufen? Zu in der Öffentlichkeit fast unbekannten Konditionen? Wie sinnvoll ist es, eine zentrale Nord-Süd-Verbindung zu kappen, ohne Alternativen für die zwölfeinhalbtausend Autos und Busse zu liefern? Wie sinnvoll ist es, ein Baudenkmal abreißen zu wollen, das einem gehört, um für wesentlich höhere Kosten Flächen von einem keinesfalls unumstrittenen Investor anzumieten? Wie sinnvoll ist es, eine solche Entscheidung, die Pforzheim auf Generationen prägen wird, den Bürgern vorzuenthalten?
Ich kämpfe dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt selbst entscheiden dürfen, ob sie ein solches finanzielles Harakiri wollen oder nicht. Ich verurteile niemanden dafür, zu sagen, er wolle dieses Projekt für die Innenstadt, auch wenn dann weniger Geld für Eutingen, Büchenbronn, Huchenfeld, Würm und Hohenwart bleiben. Auch wenn kein Ersatz für die Bäder parat steht. Auch wenn wir nicht genügend Kitas haben und es in unsere Schulen regnet. Was ich aber verurteile, ist, eine solche Entscheidung den Bürgern vorenthalten zu wollen. 7 % der Pforzheimer Wahlberechtigten müssen unterschreiben, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Jede Unterschrift zählt, um diese Entscheidung in die Hände desjenigen zu legen, der sie treffen sollte. In die Hände des Souveräns. Der Pforzheimer Bürgerschaft.
Ich hoffe auf Ihre Unterstützung!
Ihr Hans-Ulrich Rülke
Terminankündigungen und Infostände:
Sie können selbstverständlich bei allen Terminen Unterschriften für das Bürgerbegehren abgeben oder selbst unterschreiben.
Donnerstag, 13.12.2018 um 19:00 Uhr in der l’Osteria Pforzheim: „Die Europäische Union und der Brexit – Was der Austritt Großbritanniens für Deutschland und Baden-Württemberg bedeutet?“ mit dem liberalen Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl Andreas Glück MdL.
Save the date: Neujahrsempfang der FDP Pforzheim/Enz am 12.01.2019 um 14:00 Uhr im Bürgerhaus Buckenberg/Haidach
An folgenden Terminen finden Sie mich, um über das Projekt zu sprechen und Unterschriften abgeben zu können:
Mittwoch, 05.12. von 10-12 Uhr auf dem Markt am Turnplatz
Donnerstag, 06.12. von 11-13 Uhr auf dem Markt am Alten Strietweg (Buckenberg/Haidach)
Samstag, 08.12. von 8:30 bis 9:30 Uhr auf dem Wochenmarkt am Turnplatz und von 13-14 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt
Donnerstag, 13.12. von 9-10:30 Uhr auf dem Markt am Alten Strietweg (Buckenberg/Haidach)
Freitag, 14.12. von 10-12 Uhr auf dem Markt am Pfälzer Platz in der Nordstadt
Dienstag, 18.12. von 10-12 Uhr auf dem Marktplatz in der Innenstadt
Freitag, 21.12. von 9-11 Uhr auf dem Bauernmarkt am Pfälzer Platz in der Nordstadt
Samstag, 22.12. von 8:30-10:30 Uhr auf dem Wochenmarkt und von 11-13 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt