Rülke: Einzelhandel am 8. März öffnen – wie in Schleswig-Holstein
In der Landtagsdebatte über die aktuelle Umsetzung der Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin zur Umsetzung der Coronamaßnahmen in Baden-Württemberg machte der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, Haltung und Vorschläge der Freien Demokraten dazu deutlich.
So bewertete er als positiv, dass endlich ein Paradigmenwechsel und ein Wille zur Öffnung erkennbar sei. Rülke wies aber darauf hin, dass dies merklich nicht aufgrund des Infektionsgeschehens, sondern wegen des deutlichen Drucks der Bevölkerung begründet sei.
Noch immer orientiere man sich zu stark nur an Inzidenzwerten, so Rülkes Kritik, es fehle die Differenzierung. Seine Forderung: „Angesichts fortschreitender Impfung, Verfügbarkeit von Tests und FFP2-Masken könnten wir endlich zur Protektionsstrategie übergehen bei Einhaltung der Maßnahmen mit Abstand, Hygiene und Maske.“
Die meisten Infektionen entwickelten sich nach wie vor erkennbar im privaten Bereich, so Rülkes Feststellung. Deshalb sei es schlicht Unfug und nicht vermittelbar, einerseits private Kontakte lockern und andererseits den Handel geschlossen zu halten.
Rülke an die Adresse der Regierung: „Öffnen Sie den Handel bitte flächendeckend! Verhindern Sie einen Flickenteppich mit der Gefahr des Einkaufstourismus zwischen den Kreisen – das führt zu mehr Kontakten.“
Deutlich kritisch sieht Rülke die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz an sich: Sie erinnerten an Franz Kafkas Roman „Der Prozess“: „Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich vorkommen wie Josef K.“, so Rülke. Dieser wird in der Romanhandlung angeklagt und weiß nicht warum. Er sucht ein Gericht und findet es nicht. Am Ende verirrt er sich in einem albtraumhaften Labyrinth einer surrealen Bürokratie. Als Beispiel nennt Rülke im Konzept der Ministerpräsidentenkonferenz die Ankündigung, dass der 5. Schritt für „frühestens den 5. April“ vorgesehen sei, weitergehende Schritte aber dann schon für den 22. März. „Kafka hätte seine Freude daran“, so Rülke.
„Neben Josef K. gibt es aber auch Winfried K., unseren Ministerpräsidenten“, so Rülke, „der hat sich wohl Kafkas Erzählung ‚Die Verwandlung‘ zum Vorbild genommen“. Erst zelebriere er den Inzidenzwert 50, dann 35 und jetzt wieder 50. Am Dienstag kündigte er an, außer Baumärkten werde weiter nichts geöffnet. Am Mittwoch beschloss er dann aber die Öffnung von Buchhandlungen, Fahrschulen und körpernahen Dienstleistungsbetrieben. „Das ist eine reine Willkür der Öffnungen“, so Rülkes Vorwurf, der Handel sei erkennbar kein Hotspot. Wie er feststellte, seien dort bereits hervorragende Hygiene- und Abstandskonzepte vorhanden, bewährt und kontrollierbar, außerdem sei die Verwendung von FFP-2-Masken dort gewährleistet. „Deshalb fordern wir auch in unserem Antrag, den wir heute zur Abstimmung vorlegen, die allgemeine Öffnung des Einzelhandels unter den geschilderten Vorsichts- und Hygienemaßnahmen bereits zum kommenden Montag, den 8. März.“
Die Öffnung der Außengastronomie sei nach dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vielleicht zum 22. März vorgesehen. „Wer setzt sich zu der Jahreszeit länger raus?“, so Rülkes Frage nach der praktikablen Anwendung, „wir verlangen Gleichbehandlung der gesamten Gastronomie mit Kinos und Theatern!“
Im Gegensatz zur Bevölkerung, von der man Disziplin und Einsicht verlange, seien Versäumnisse der Regierungen feststellbar, wohin man blicke. So nennt er als Beispiele die nach wie vor unzureichende Digitalisierung der Schulen und die mangelhafte elektronische Dokumentation der Kontaktnachverfolgung. Nach wochen- und monatelanger Unzulänglichkeit hätte man sich seitens der Regierung jetzt erst zu einer sogenannten „Task Force Teststrategie“ durchringen können.
Als weiteres Beispiel nennt er die „Bevorratungsstrategie“ des Ministers Lucha. Rülke weist darauf hin, dass Im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz explizit drinstehe, dass sie falsch war. Auch sei seine Umstellung auf ein Recall-System ein Rohrkrepierer, so Rülke: „Anmeldungen zu Impfterminen sind nach wie vor zeitraubende Abenteuer“, so sein Vorwurf, „da ändert auch ein flotter Name nichts“.
Die Fürsorge für die Wirtschaft lasse nach Rülkes Aussage mehr als zu wünschen übrig mit einem nicht hinreichend konkretisierten „Härtefallfonds“ und einer Zusatzbelastung durch eine weitestgehend undifferenzierte Verpflichtung zum Testen.
Als Ergebnis, so Rülkes abschließende Feststellung, zeige sich: „Die Erosion der Zustimmung der Bevölkerung ist von der Regierung hausgemacht!“