Pressemitteilung

Rülke und Kern: Ein leistungsstarkes Schulsystem braucht eine verbindliche Grundschulempfehlung

Anlässlich der Vorstellung eines Impulspapiers zu einem Kraftakt für erstklassige Bildung forderten der Vorsitzende der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, und der bildungspolitische Sprecher, Dr. Timm Kern, unter anderem die Wiedereinführung einer verbindlichen Grundschulempfehlung.

Rülke: „Der beispiellose Einbruch der baden-württembergischen Schülerleistungen in den bundesweiten Bildungsvergleichen könnte sich zu einer existenziellen Bedrohung für den Wohlstand in unserem Land auswachsen. Erst steigen die Neuntklässler in Deutsch beim Zuhören von Platz 2 auf Platz 14 und beim Lesen von Platz 3 auf Platz 12 ab, dann fallen die Grundschüler in Deutsch und Mathematik auf Durchschnittsniveau, und schließlich erreichen die Neuntklässler auch in Mathematik und den Naturwissenschaften nur noch Mittelmaß. Damit sich der Trend nicht verfestigt, wäre beherztes Gegensteuern erforderlich. Doch gerade bei der entscheidenden Zukunftsaufgabe Bildung versagt die grün-schwarze Landesregierung auf ganzer Linie. Dabei machen Bayern, Sachsen und Thüringen bei den bundesweiten Bildungsvergleichen vor, wie man über Jahre hinweg Bestleistungen erzielen kann. Alle drei Spitzenreiter verfügen nicht nur über ein vielgliedriges und differenziertes Schulsystem, sondern auch als einzige Bundesländer über eine verbindliche Grundschulempfehlung für die weiterführende Schulart nach Klasse 4. Eine verbindliche Grundschulempfehlung erleichtert die Bildung von Klassen aus Schülern mit vergleichbaren Begabungen und Leistungsvoraussetzungen enorm. Der verbindlichen Grundschulempfehlung kommt eine entscheidende Bedeutung des vielfältigen und differenzierten Schulsystems insgesamt zu, was wiederum zum Bildungserfolg des Landes maßgeblich beitragen dürfte. Die FDP/DVP Fraktion hat deshalb einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, um auch in Baden-Württemberg die Grundschulempfehlung wieder verbindlich zu machen. Damit erhalten auch die CDU und ihre Spitzenkandidatin eine Chance, sich glaubwürdig zu machen und die Rücksichtnahme auf den grünen Koalitionspartner den Interessen unseres Landes unterzuordnen.“

Kern: „Nach der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung durch die damalige grün-rote Landesregierung schnellte die Sitzenbleiberquote in Klasse 5 der Realschulen um Faktor 5 und an den Gymnasien um Faktor 3 nach oben und hielt sich fortan auf diesem besorgniserregend hohen Niveau. Bereits im Jahr 2014 hat die FDP/DVP Fraktion im Rahmen unseres Schulfriedensvorstoßes erklärt, dass wir die Wiedereinführung einer verbindlichen Grundschulempfehlung nicht scheuen, wenn sich die Situation der angestiegenen Sitzenbleiberquoten trotz Akutmaßnahmen nicht eindeutig verbessert. Das Kultusministerium weist zwar darauf hin, dass sich der Anteil der Schüler mit Gymnasialempfehlung an den Gymnasien im Schuljahr 2018/19 erhöht hat. Eine Steigerung von 87,2 Prozent auf 88,5 Prozent mag ein Hinweis auf die Wirksamkeit der verpflichtenden Vorlage der Grundschulempfehlung sein, aber eben nur auf eine geringfügige Wirksamkeit. Die FDP/DVP Fraktion tritt dafür ein, dass jeder Schüler seinen Voraussetzungen und Begabungen gemäß bestmöglich gefördert wird. Verfolgt man dies Ziel konsequent, führt an einer verbindlichen Grundschulempfehlung nichts vorbei. Wichtig ist uns dabei, dass es eine Möglichkeit der Überprüfung der Grundschulempfehlung gibt, beispielsweise über eine Aufnahmeprüfung an der gewünschten weiterführenden Schule auf der Grundlage einheitlicher Standards.“

Die FDP/DVP Fraktion sei überzeugt, so Kern, dass es eines Kraftakts für eine erstklassige Bildung in Baden-Württemberg bedürfe. „Unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen sieht sich derzeit herausgefordert und in Frage gestellt. Einem Schulwesen, das verlässlich auf höchstem Qualitätsniveau arbeiten kann und geeignete Rahmenbedingungen vorfindet, kommt für den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens eine Schlüsselfunktion zu. Deshalb strebt die FDP/DVP Fraktion einen überparteilichen Konsens zu einem Kraftakt für eine erstklassige Bildung in Baden-Württemberg an. Dieser Kraftakt soll jedoch ausdrücklich keine Einigung auf dem kleinsten gemeinsamen bildungspolitischen Nenner sein. Vielmehr zielt er darauf ab, unserem Schulwesen Freiheit zu sichern – Freiheit vor Bevormundung durch die jeweilige Regierungskonstellation und Freiheit zur Gestaltung eines den Bedürfnissen des Einzelnen entsprechenden, zu den Bedingungen vor Ort passenden und an der Qualität orientierten Bildungsangebots. Als Diskussionsgrundlage für den Kraftakt haben wir Freie Demokraten im Landtag von Baden-Württemberg ein liberales Schulkonzept zusammengestellt. Zentrale Elemente des Kraftakts müssen aus unserer Sicht neben einer verbindlichen Grundschulempfehlung der Erhalt unseres vielfältigen und differenzierten Schulsystems mit seinen unterschiedlichen Schularten sein, ebenso die Stärkung der Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit der Schulen insbesondere im Bereich der Personalauswahl und -entwicklung, faire und verlässliche Bedingungen bei der Ausstattung der Schulen, insbesondere durch ein Budget zur Unterrichtsversorgung nach dem Modell 100 Prozent plus X, innovative Wege bei der Lehrergewinnung und eine Qualitätsoffensive für Grundschulen mit der Möglichkeit der Zulagenvergabe für bestimmte Aufgaben, außerdem ein Qualitätskonzept, das unter anderem mithilfe von Fortbildungsgutscheinen den Anforderungen der einzelnen Schulen gerecht wird, das Eintreten für verbindliche Bildungsstandards bundesweit und schließlich eine Stärkung der Fächer wie des Ethik- und des Gemeinschaftskundeunterrichts, von denen wir uns einen Beitrag zum Zusammenhalt unseres freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens erhoffen. Unser Impulspapier versteht sich als Vorschlag, und wir freuen uns auf Anmerkungen, Anregungen und Kritik gerade auch von Verbänden, Institutionen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern.“

Liberales Schulkonzept
Gesetzentwurf zur Grundschulempfehlung