Rülke und Kern: Wir wollen der Haupt- und Werkrealschule eine verlässliche Zukunft geben
Im Rahmen einer Landespressekonferenz stellten der Vorsitzende der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, und der bildungspolitische Sprecher, Dr. Timm Kern den Gesetzentwurf der FDP/DVP Fraktion über die Berufliche Realschule vor (Landtags-Drucksache 16/5290).
Rülke: „Die Sorge um die Zukunft der Haupt-/Werkrealschule hat uns in der FDP/DVP Fraktion zu diesem Vorstoß veranlasst. Denn obwohl diese Schulart eine hervorragende Arbeit leistet und seit Jahrzehnten zahlreichen jungen Menschen zu einem Schulabschluss geführt hat, hat sich die Zahl der Schulen in den vergangenen zehn Jahren nahezu halbiert. Vor allem die überstürzte und unüberlegte Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung durch die ehemalige grün-rote Landesregierung hat der Haupt-/Werkrealschule einen schweren Schlag versetzt. Aber auch die aktuelle grün-schwarze Landesregierung erweist sich als schlechte Sachwalterin der Belange der Schulart. Angesichts der konträren ideologischen Ausrichtung der beiden Koalitionspartner in der Bildungspolitik ist von Grün-Schwarz keine wirkliche Unterstützung für die in Not geratene Schulart zu erwarten. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir das berufspraktische Profil der Haupt-/Werkrealschulen durch eine enge Anbindung an die Beruflichen Schulen stärken. Bereits in unserem Konzept für einen stabilen Schulfrieden aus dem Jahr 2014 haben wir eine solche Forderung erhoben und damit an ein Konzept der ehemaligen christlich-liberalen Koalition angeknüpft. Um das besondere Profil der Schulart deutlich zu machen, soll sie den Namen ‚Berufliche Realschule‘ erhalten. Im Sinne einer Differenzierung soll die bisherige Realschule zukünftig den Namen ‚Allgemeinbildende Realschule‘ tragen. Der Berufsschullehrerverband (BLV), der Verband Bildung und Erziehung (VBE) und der Realschullehrerverband (RLV) sowie die Arbeitgeber Baden-Württemberg haben grundsätzliche Unterstützung für unseren Vorstoß signalisiert. Deshalb hoffen wir, mit unserem Gesetzentwurf einen Anstoß zur Diskussion zu geben, den die Landesregierung nicht ignorieren kann.“
Kern: „Die Schüler der Beruflichen Realschule besuchen ab Klasse 7 an einem Tag in der Woche eine berufliche Schule. Entsprechend findet der bisher vorgesehene Unterricht im Fach ‚Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung‘ und in den zwei Wahlpflichtfächern ‚Technik‘ und ‚Alltagskultur, Ernährung, Soziales‘ zukünftig im Rahmen des Berufsschultags beziehungsweise der Berufsschultage an den Beruflichen Schulen statt und wird dort an die entsprechenden Profile und Fachrichtungen der Beruflichen Schulen angebunden. In der Klasse 10 der Beruflichen Realschulen besuchen die Schüler an zwei Tagen in der Woche die Berufsfachschulen. Wenn ein entsprechendes Angebot besteht und Schüler bereits einen Ausbildungsvertrag unterzeichnet haben, ist auch ein Besuch einer Berufsschule möglich.
Auch die Allgemeinbildenden Realschulen können im Rahmen ihrer Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss nach dem Konzept der Beruflichen Realschule unterrichten und entsprechend einen Berufsschultag anbieten. Der Unterricht an den Beruflichen Schulen kann auch in Blockform organisiert werden. Erteilt wird er sowohl von Lehrkräften der Beruflichen Schulen als auch von Haupt-/Werkrealschullehrkräften. Das Aufstiegs- und Beförderungsprogramm für noch in der Besoldungsgruppe A 12 befindliche Haupt-/Werkrealschullehrkräfte wird für diejenigen erweitert, die zukünftig Schüler der Beruflichen Realschulen im Rahmen des Berufsschultags an den Beruflichen Schulen unterrichten. Indem für jeden Berufsschultag acht Schulstunden angesetzt werden, stehen für die Klassen 7 bis 10 insgesamt 40 Wochenstunden zur Verfügung und somit ein erhebliches Mehr an Zeit für die Vertiefung des Fachunterrichts und für Praxisphasen in den Betrieben. Finanziert werden soll der geschätzte Mehrbedarf für den Berufsschultag, eine Anrechnungsstunde pro Schule für die Koordination und die Qualifizierung durch die Anhebung des Klassenteilers an den Gemeinschaftsschulen. Da die Gemeinschaftsschule als einzige weiterführende Schule über dieses Privileg verfügt, würde hierdurch auch eine Gerechtigkeitslücke geschlossen. Gleichzeitig hält die FDP/DVP Fraktion an ihrem grundsätzlichen Ziel eines Klassenteilers von 28 Schülerinnen und Schülern für alle Schulen fest.
Für die Schulen beziehungsweise Schulträger soll es zudem die Möglichkeit geben, im Rahmen eines Modellversuchs einen Übergang der Schüler der bisherigen Haupt- und Werkrealschulen nach Klasse 7 oder nach Klasse 8 auf die Beruflichen Schulen zu beantragen. Hier kann beispielsweise der Besuch einer zweijährigen Berufsfachschule oder der dualen Ausbildungsvorbereitung ‚AV dual‘, verbunden mit dem Erwerb des Hauptschulabschlusses oder des Mittleren Bildungsabschlusses, vorgesehen werden.“