Pressemitteilung

Diskussion um LEA in Pforzheim: Sieht so gelebte Demokratie aus?

Mal wieder hat Pforzheim ein Aufregerthema mit deutlich negativem Beigeschmack zu bieten: die Landeserstaufnahmestelle (LEA). Bis zu 1000 Asylbewerber sollen eventuell im ehemaligen Bader- Gebäude im Brötzinger Tal untergebracht werden. Bei einer CDU-Veranstaltung – nicht etwa im CCP vor einer breiten Öffentlichkeit – diskutierte Oberbürgermeister Peter Boch mit seinem CDU-Parteifreund Siegfried Lorek über die LEA. Was heißt schon diskutieren? Lorek, Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Migration, informierte darüber, dass Pforzheim eigentlich nichts zu sagen habe. Das Land entscheide letztlich über den Standort einer LEA. Vom rein juristischen Standpunkt her betrachtet, mag das ja stimmen, aber sieht so gelebte Demokratie aus?

Ein Kommentar des Geschäftsführender PZ-Verlegers Thomas Satinsky

Wer die Idee zur LEA in Pforzheim hatte, ist bislang nicht wirklich klar – war es der Oberbürgermeister selbst, was man annehmen muss, denn er sollte eine Art Richtlinienkompetenz für unsere Stadt ausüben? Oder waren es seine Einflüsterer aus dem Social-Media-Bereich? Oder war es eben Siegfried Lorek, der sich mit dieser Idee für höhere Aufgaben empfehlen wollte? Apropos höhere Weihen. Daran könnte auch OB Boch gedacht haben, dessen erste Amtszeit 2025 abläuft.

Wie dem auch sei, die städtische Informationspolitik über die LEA lässt zu wünschen übrig. Aktive Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern geht anders. Und bevor man ins Gespräch mit dem überaus cleveren Selbstdarsteller Siegfried Lorek geht, hätte sich der OB die Mühe machen müssen, mit denen zu reden, deren tagtäglicher Umgang die Arbeit mit Flüchtlingen, Migranten und Asylbewerbern ist: den Sozialarbeitern dieser Stadt. Jene hätten Peter Boch gesagt, dass Pforzheim keinerlei weitere Belastung vertrage, dass immer noch für die jetzigen Flüchtlinge ein tragfähiges Konzept fehle – und dies seit Jahren. Dadurch gerät die Soziostruktur der Stadt aus dem Ruder. Und dann sollen zudem in einer LEA bis zu 1000 Menschen leben – über mehrere Wochen oder gar monatelang?
Auch wenn die Asylbewerber nach ihrem Verfahren nicht Pforzheim zugewiesen werden, so sind dennoch immer 1000 Menschen mehr in der Stadt unterwegs. Es dürften in der Mehrzahl junge Männer sein, denn die machen den Löwenanteil der Asylbewerber aus. Und wenn die Asylsuchenden anerkannt sind, Bürgergeld erhalten und sich ihren Wohnsitz aussuchen dürfen, werden sie die Städte wählen, die sie kennen, also häufig Pforzheim. Ist es das, was OB Boch möchte? Er argumentiert damit, dass im Falle einer LEA kein zusätzlicher Wohnraum und nicht mehr Kita-Plätze geschaffen werden müssten, dass man die Sportstätten für die Vereine offen halten könne. Das könnte stimmen, aber relevant wird dies eh erst in cirka zwei bis drei Jahren. So lange dauert die Ertüchtigung des Ex-Bader-Gebäudes. Bis dahin wird die Stadt eventuell Unterbringungen für asylsuchende Menschen in den Sportstätten schaffen müssen. Angenommen, der Flüchtlingsstrom geht temporär zurück. Dann werden zwar die Zuweisungen in die Kommunen sinken. Eine LEA wird aber immer befüllt werden.
Eines ist jedoch sicher: Allein mit Charisma, Lächeln und wohlfeilen Reden wird Peter Boch in puncto LEA nicht weiterkommen; ebenso wenig mit parteifreundschaftlichen Beziehungen zu Staatssekretär Lorek. Gefragt ist eine ernsthafte und ehrliche Informationspolitik. Findet diese nicht statt, wird Boch seiner Partei, der CDU, und sich selbst womöglich einen Bärendienst erweisen. Denn die LEA-Mauschelei ist Wasser auf die Mühlen der AfD.
Die in Pforzheim traditionsgemäß starke Partei wartet nur auf eine Gelegenheit, noch mehr Boden zu gewinnen bei anstehenden Wahlen. Der Oberbürgermeister ist auf dem besten Wege, der AfD dieses beherrschende Thema zu liefern.