Rülke: 2020 darf kein verlorenes Jahr in der Landespolitik werden
Fraktionsklausur beschäftigt sich eingehend mit Schlüsselfragen
Der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, stellte die Ergebnisse der Klausurtagung in Mannheim zu Jahresbeginn vor. Dabei warnte er vor einem „Jahr des Stillstands“ in der baden-württembergischen Landespolitik. „Jetzt ist die Zeit, in der wir für das neue Jahrzehnt viele Dinge im Land voranbringen müssen. Es steht leider zu befürchten, dass sich Grüne und CDU an der Landesregierung mit Blick auf die Wahlentscheidung bereits jetzt ineinander verbeißen und sich gegenseitig blockieren“, so Rülke. Dem werde die FDP/DVP Fraktion regelmäßig konkrete Vorschläge entgegensetzen.
So beschäftigte sich die Fraktion bei ihrer Tagung eingehend mit dem Sachstand bei der Digitalisierung. „Von der Forderung nach einer schnellen Datenverbindung ‚bis in den letzten Schwarzwaldhof‘ rückt die Landesregierung Stück für Stück ab“, kritisierte Rülke. Er stellte fest, dass in ländlichen Regionen nach wie vor erheblicher Aufholbedarf bestehe und beispielsweise gerade der Schwarzwald nach wie vor in vielen Gegenden auf digitale Erschließung warte. Er wies darauf hin, dass die Landesregierung unter „schnellem Internet“ etwas ganz Anderes verstehe, als eigentlich mit Blick auf die aktuellen Erfordernisse notwendig sei. „Die von der Regierung als ausreichend angegebene Datenübertragungsrate von 50 Megabit in der Sekunde wird den Erfordernissen nicht gerecht“, so Rülke. Im Bereich Glasfaserausbau rangiere das Land auf Platz 15 der Bundesländer. Rülke bekräftigte seine Forderung nach einem eigenen Digitalisierungsministerium, das diese Aufgabe umfassend und kompetent angehen könnte.
Einen weiteren Schwerpunkt stellte bei der Klausurtagung die Zukunft der Mobilität am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg dar. „Baden-Württemberg steht als starker Produktionsstandort der Automobil- und Automobilzuliefererindustrie im Brennpunkt der momentanen Umstellung und der drohenden Krise. Politisch falsche Lenkungen, wie etwa die Fokussierung auf die batteriegestützten Antriebe, sind ökologisch falsch und werden verheerende Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort haben“, warnte Rülke. Batterieproduktion sei umweltpolitisch in der Ökobilanz höchst bedenklich und der Einsatz werde von vielen Konsumenten abgelehnt. Dem setze die FDP/DVP Fraktion eine Offensive für Wasserstoffzelle und Brennstoffzelle entgegen. „Baden-Württemberg muss jetzt die Chance nutzen, in dieser Technologie weltweit Spitzenreiter zu werden“, forderte Rülke. Dies werde die Fraktion im Laufe des Jahres immer wieder durch Initiativen zu wirtschafts-, forschungs- und standortpolitischen Fragen thematisieren.
Als ersten bildungspolitischen Vorstoß im neuen Jahr stellte Rülke einen Antrag der Fraktion vor, der sich mit der Zukunft des acht- bzw. neunjährigen Gymnasiums beschäftigt. Hier zielt die FDP/DVP Fraktion auf eine Änderung der momentanen Bestimmung mit einer staatlich festgelegten Anzahl von Gymnasien mit G9-Angebot pro Landkreis als Schulversuch ab. „Diese Regelung als grün-schwarzer Kompromiss mit der Zuteilung von freien Schulplätzen wird verständlicherweise als ungerecht empfunden“, so Rülke. Die FDP/DVP Fraktion setzt sich in ihrem Antrag für eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 ein, Demnach sollen alle Gymnasien eine auskömmliche Personalausstattung auf der Basis einer einheitlichen Stundentafel erhalten. Gleichzeitig bekommen sie die Möglichkeit, die Wochenstunden der Stundentafel auf acht oder auf neun Jahre zu verteilen. Der mit zwölf zusätzlichen Lehrerwochenstunden pro Klassenzug privilegierten G9-Schulversuch soll im Gegenzug dazu auslaufen und die hierdurch freiwerdenden Wochenstunden auf alle Gymnasien verteilt werden. Außerdem setzt sich die FDP/DVP Fraktion für eine Stärkung der Beruflichen Gymnasien ein: Diese gelte es so auszubauen, dass jeder Bewerber mit den entsprechenden Voraussetzungen einen Platz erhalten soll, nach Möglichkeit in der gewünschten Fachrichtung und mit dem gewünschten Profil.
Rülke stellte einen Antrag zur Absenkung des Führerscheinalters für den Führerschein der Klasse AM (so genannter Moped-Führerschein) auf 15 Jahre vor. Seit Dezember ist es durch Beschluss des Bundestages den Bundesländern ermöglicht, diese Entscheidung selbst zu treffen. „Damit erreichen wir mehr Freiheit für junge Leute, vor allem im Ländlichen Raum, der oftmals schlecht an den ÖPNV angeschlossen ist“, begründete Rülke diesen Vorstoß, der einstimmig beschlossen wurde. In einer weiteren parlamentarischen Initiative will die FDP/DVP Fraktion Klarheit verschaffen zur Frage der Verbesserung der Rechts- und Handlungssicherheit für Notfallsanitäter, bei der sich ein Bundesratsvorstoß seit Oktober 2019 in der Abstimmung mit Bund und Ländern befindet.
„Es gibt viel zu tun und wichtige Entscheidungen zu fällen. Wir werden nicht zulassen, dass 2020 ein verlorenes Jahr für Baden-Württemberg wird“, so Rülke abschließend.