Pressemitteilung

Rülke: Merkel muss ihre Position ändern, Kretschmann muss das Zaudern lassen

In einer Landtagsdebatte über die aktuelle Flüchtlingspolitik hat der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, der schwarz-roten Bundesregierung und der grün-roten Landesregierung in der gegenwärtigen Krise ein „Versagen auf der ganzen Linie“ vorgeworfen. „Schon im November des vergangenen Jahres mussten wir in einer Aktuellen Debatte die Euphorie der grün-roten Landesregierung in der Flüchtlingsfrage dämpfen, als diese sich mit Ministerpräsident Kretschmann an der Spitze zum Vorreiter bei der Umsetzung des Asylpakets küren wollte“, sagte Rülke.

Heute, rund zwei Monate später, habe es Schwarz-Rot in Berlin noch immer nicht geschafft, das geplante zweite Paket mit Asylrechtsverschärfungen auf den Weg zu bringen, so Rülke weiter. Auch die grün-rote Landesregierung ducke sich hier weg. Dabei müsste es gerade jetzt zu mutigeren Änderungen im Asylverfahren und zu verbindlichen Anstrengungen für europäische Lösungen in der Flüchtlingsfrage kommen. Eine der Ursachen für die gegenwärtige Flüchtlingskrise sei die Selfie-Kultur der Bundeskanzlerin. Frau Merkel habe das falsche Signal einer unbegrenzten Willkommenskultur in Deutschland gesetzt und sei mitverantwortlich für den Ansturm der Flüchtlinge nach Deutschland, besonders nach Bayern und Baden-Württemberg. Entweder müsse die Kanzlerin nun die europäischen Mitgliedsstaaten zu einer Lösung bewegen, die idealerweise ein europäischer Verteilungsschlüssel sein sollte, oder wieder zu einer verlässlichen Anwendung der Dublin III-Regelungen zurückkehren. Beides sei nicht in Sicht, so der FDP-Fraktionsvorsitzende, so dass es nationaler Zwischenlösungen bedürfe.

Um den unkoordinierten Flüchtlingszugang in den Griff zu bekommen, muss nach den Worten von Rülke beispielsweise dringend über grenznahe Registrierzentren beraten werden, die ähnlich den Transitzonen an deutschen Flughäfen für eine Erstprüfung der Asylbegehren eingerichtet sind. Dort könnten Asylsuchende insbesondere schnelle Gewissheit über ihre Bleibeperspektive erhalten. Rülke: „Auf die Kanzlerin können wir uns hier nicht verlassen, die wie Ministerpräsident Kretschmann nicht müde wird, das Ammenmärchen zu erzählen, dass sich nationale Grenzen nur mit Stacheldraht und Schießbefehl schützen ließen.“ Indes rühme sich Innenminister de Maiziere, nahezu alle Flüchtlinge an der Grenze überprüfen zu können und täglich 100 bis 200 Flüchtlinge bereits an der Grenze zurückzuweisen. „Was gilt denn jetzt, entweder kann man Deutschlands Grenzen schützen und nach den geltenden Gesetzen Flüchtlinge abweisen, oder man kann die Grenzen nicht schützen und keine Flüchtlinge abweisen. Die Behauptung der Kanzlerin ist eine Bankrotterklärung für die nationale Asylpolitik“, so Hans-Ulrich Rülke.

Verwaltung und Polizei bräuchten verbindliches Handwerkszeug, um den Flüchtlingszuzug steuern und die Zahl der Asylbewerber effektiv senken zu können, sagte Rülke. Dazu gehöre auch eine funktionierende Registrierung in der Erstaufnahme. Denn noch immer gingen der Verwaltung zahlreiche Flüchtlinge gewissermaßen verloren. Im Jahr 2015 hätten sich rund 185.000 Flüchtlinge an den Pforten der Erstaufnahmestellen angemeldet. Aber es seien nur 98.000 Erstanträge auf Asyl im selben Zeitraum im Land erfasst worden. „Das heißt, dass nahezu die Hälfte der Flüchtlinge unnötige Mehrfachmeldungen sind oder auf eigene Faust die Weiterreise angetreten haben – beides darf in einem geordneten Verfahren nicht geschehen“, so Rülke. Ein richtiger Schritt sei die Benennung weiterer sicherer Herkunftsstaaten auf dem Balkan gewesen, denn aus Albanien, Montenegro und dem Kosovo kamen nach dem Beschluss des Asylpakets im Oktober 2015 zum Jahresende signifikant weniger Asylbewerber. Wie Rülke weiter sagte, sollte man schnell dazu kommen, die Liste dieser sicheren Herkunftsländer auch um Maghreb-Staaten in Nordafrika zu erweitern. Die Asylbewerber aus Tunesien, Algerien und Marokko hätten nämlich schon heute praktisch keine Aussicht auf Asyl. „Ich habe diesen Schritt schon am 1. Oktober 2015 im Landtag gefordert, seitdem ist aber nichts passiert. Die Bundeskanzlerin hat kein entsprechendes Gesetz vorgelegt und der Ministerpräsident eiert bei der Zustimmungsfrage im Bundesrat herum und bekennt, weder dafür noch dagegen zu sein. Kretschmanns Lösung, die Asylbewerber aus diesen Staaten bis zum Verfahrensende in den Erstaufnahmestellen zu belassen, verschärft sogar noch die Not in den bereits überfüllten Einrichtungen“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende.

Rülke weiter: „Ein solches Zaudern können wir uns bei den großen Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik schlicht nicht leisten. Dies gilt auch, wenn man das ‚Rückkehrmanagement‘ betrachtet, wie die Landesregierung ihre zu nachlässige Abschiebepraxis beschönigend nennt.“ Vergleiche man die Zahl der Abschiebungen aus dem vergangenen Jahr mit den Zahlen aus dem schwarz-gelb regierten Jahr 2010, zeige sich eine frappierende Fehlentwicklung. Die Zahl der Abschiebungen hat sich in diesem Zeitraum lediglich verdreifacht (800 auf 2400), während sich die Zahl der Flüchtlingszugänge aber von 5 000 auf 100 000 verzwanzigfacht hat. Das Nachbarland Bayern habe im selben Jahr fast doppelt so viele Abschiebungen durchgeführt.

Es scheint gar, so Rülke, als hätte der Ministerpräsident in blinder Gefolgschaft zur Kanzlerin jeden Kompass in der Flüchtlingspolitik verloren. Mit der Aushebelung der Residenzpflicht habe er ein wichtiges Ordnungsinstrument aufgehoben. Weiter sei die Umstellung auf Sachleistungen in der Erstaufnahme immer noch nicht umgesetzt. Mit der Umstellung würde ein zentraler Anreizfaktor für Wirtschaftsflüchtlinge ausgeschaltet. Mit dem lapidaren Verweis auf den unvertretbaren Verwaltungsaufwand stelle sich Kretschmann gegen eine Maßnahme, die das Asylpaket seit dem Oktober 2015 zentral vorsehe. Rülke: „So wird das Asylbeschleunigungsgesetz des Bundes bei der Umsetzung durch das Land zum zahnlosen Tiger.“ Und mit dem Handbuch zur Flüchtlingshilfe von Staatsrätin Erler mit einer Anleitung zum Kirchenasyl für abgelehnte Asylbewerber würden die Impulse des Bundes hierzulande sogar konterkariert, so Rülke abschließend.