Rülke: Wir schauen bei der Haushaltspolitik der Landesregierung sehr genau auf die Finger
Klage zum Haushalt – Positionspapier für Zeit nach der Pandemie vorgestellt.
Die diesjährige Herbstklausur der FDP/DVP-Fraktion stand ganz im Zeichen der Vorbereitung auf bevorstehende politische Weichenstellungen in Land und Bund. Sie fand in Sigmaringen statt.
Ausführlich widmete sich die Fraktion der Situation im Landeshaushalt. „Dass der Ministerpräsident Jubelarien anstimmt und großzügige Millionenspielräume vorrechnet, gleichzeitig aber ohne mit der Wimper zu zucken über Milliarden neue Schulden berichtet, zeigt einen massiv unseriösen Ansatz in der Haushaltspolitik“, so der Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke. Er kündigte an, der Landesregierung bei den anstehenden Haushaltsberatungen genau auf die Finger zu schauen. Rülke sieht eine solide Haushaltsstrategie seiner Fraktion als Gegenentwurf für den Regierungskurs.
In diesem Zusammenhang berichtete er auch vom Stand der Klage gegen den letzten Landeshaushalt, bei dem die Landesregierung die verfassungsgemäße Schuldenbremse mit der Begründung einer Coronakrise abermals außer Kraft gesetzt hatte – unbegründet, wie Rülke sagt. Als Beistand für die anstehende Klage konnte die FDP/DVP-Fraktion den Lehrstuhlinhaber für Öffentliches, Finanz- und Steuerrecht, Prof. Dr. Gregor Kirchhof gewinnen, Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Augsburg sowie den Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Thomas Würtenberger von der gleichnamigen Stuttgarter Kanzlei.
Mit Blick auf die derzeit laufenden Beratungen der Landtagsfraktionen über die Gestaltung des Landtagswahlrechts betonte der Fraktionsvorsitzende nochmals, dass seine Fraktion bereit zu Veränderungen sei, die den Frauenanteil im Landtag erhöhen könnten. Zur Gesamtgröße des Parlaments hätte seine Fraktion aber noch Fragen. Mit Blick auf die anstehende Wahl im Bund warnte er davor, dass der Bundestag durch das dortige Wahlsystem auf tausend Abgeordnete anschwellen könnte. Eine solche Lage sei für Baden-Württemberg auf jeden Fall zu vermeiden: „Wir wollen keine Wahlrechtsreform in Baden-Württemberg, die am Ende dann zu 300 Landtagsabgeordneten führen wird“, beschreibt Rülke die Haltung seiner Fraktion.
Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl äußerte sich Rülke zuversichtlich für die Freien Demokraten. In vielen Bereichen stünden wichtige Weichenstellungen an; Rülke warnte gerade im Zuge der Zeit nach der Corona-Pandemie vor Steuererhöhungen und zusätzlicher Bürokratie als weitere Belastung für die Unternehmen. Gleichzeitig seien bei einer geordneten Einwanderungspolitik und der Zukunft des Mobilitäts-, Digital- und Wirtschaftsstandortes grundsätzliche und weitreichende Entscheidungen zu treffen.
Zu möglichen Regierungskoalitionen auf Bundesebene stellte Rülke fest, dass für eine demokratische Regierung auch alle demokratischen Parteien miteinander reden können müssten. „Als Freie Demokraten stehen wir dafür, dass Radikale von rechts und links nicht an der Regierung beteiligt werden. Wir werden dafür sorgen, dass Deutschland aus der Mitte regiert wird.“
Die FDP/DVP-Fraktion hatte sich außerdem bei ihrer Klausurtagung eingehend mit Folgen und notwendigen Maßnahmen nach dem Ende der Corona-Pandemie beschäftigt. Sie beschlossen ein umfassendes Positionspapier mit dem Titel: „Was kommt nach Corona? – Liberale Antworten auf die landespolitischen Herausforderungen Baden-Württembergs für die post-pandemische Zeit“, das der Fraktionsvorsitzende vorstellte. Zentrale Forderungen in diesem Papier sind unter anderem die Stärkung der durch die Coronakrise bedrohten Innenstädte und der Wirtschaft insgesamt durch ein Entfesselungsprogramm für mehr Flexibilität, Unternehmergeist und technologische Weiterentwicklung. Weitere grundsätzliche Überlegungen der FDP/DVP-Fraktion gehen in Richtung eines Wandels in der Wirtschaft und Mobilität, die Wohlstand und Klimaschutz vereinen, einer dringend gebotenen Ertüchtigung der digitalen Infrastruktur, damit verbunden einer Verbesserung des Bildungswesens und des Gesundheitswesens. Gerade die Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Pandemie ergriffen wurden, zeigten aber auch immer wieder, wie sensibel der Bereich der Bürgerrechte sei. Die Freien Demokraten hätten immer darüber gewacht, dass Bürger- und Parlamentsrechte nicht beschnitten würden und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu befolgen sei, so Rülke.